Von der Freiheit – Szenen aus Deutschland

Maryam Brigitte Weiß Frauenbeauftragte des ZMD Sommer 2003

Szenen aus Deutschland 2003 : Menschen mit Ringen durch die Nase und die Wangen ; Schmucksteinchen (piercing´s) in Kinn und Bauchnabel ; tätowierte Bilder (tatoo´s) an allen erdenklichen (und undenklichen) Körperstellen ; Haare in allen Farben ; Irokesenschnitte, Rastazöpfe und vielfältigste Frisuren ; enge und kurze Röcke um dünne und dicke Hüften ; enge leggings über verschiedenste „Oberschenkelweiten“ ; Spaghetti-Träger an knappen Oberteilen, die viel „Einsicht“ in mehr oder weniger starke Oberweiten bieten ; weiße Hosen ohne Futter, dafür mit viel „Durchsicht“ über weibliche Körper ; Jeans, die so knapp auf der weiblichen Hüfte sitzen, dass der String-Tanga (bewusst hoch gezogen) hinten auf dem taillenfreien Rücken als schmales Band in rosa oder schwarz zu sehen ist ; knutschende Pärchen, deren Hände auf dem Körper des Partners etwas zu suchen scheinen ; Männer mit aufgeknöpften Hemden geben den Blick auf Kettchen und Bäuche frei („Wir zeigen freizügig, was wir haben!“ und „Ich kann schließlich anziehen und tun was ich will!“ und „Mein Körper gehört mir!“). Themen im Vormittags- und Nachmittagsprogramm des Fernsehens aus jedem Lust- („Wir sind ja so frei!“) und Unlust- („Kein Bock auf Arbeit“) Bereich ; ausführliche, in jedes Detail gehende Bettszenen schon im Vorabendprogramm. Dazu reisserische Aufmachungen der Boulevardpresse, wer mit wem was getan hat und wie ein Mörder sein Opfer gequält und getötet hat und dafür als unzurechnungsfähig eingestuft wird („Ich war leider betrunken, hatte eine schwere Kindheit, wurde missbraucht.“). Dazu kommen Bilder auf Schulhöfen von mit Drogen handelnden Schülern ; Kinder mit Handy und disc-man, aber ohne Mittagessen zu Hause ; „Patchwork-Familien“ : meine, deine, unsere Kinder ; überzogene Girokonten ; Schuldnerberatung ; Urlaub auf Mallorca auf Pump ; nicht bezahlte Handy-Rechnungen („Dann machen wir einfach einen neuen Vertrag“) ; offene Prostitution für jeden sichtbar ; erzwungene Prostitution : Menschenhandel mit Frauen aus aller Welt ; überfüllte Frauenhäuser ; Spielsucht in Automatensalons ; Wochenenden, die in Discos durchgetanzt und durchgetrunken werden („Ich lebe doch nur einmal!“). Fast 5 Millionen Arbeitslose ; zu wenig Ausbildungsstellen ; jeder 3. Auszubildende verliert seine Lehrstelle wegen „chronischer Unlust“ („Jeden Morgen so früh aufstehen?“ – „Ich bin doch nicht deren Bimbo!“) schon in der Probezeit ; die Zahlen der jugendlichen Sozialhilfeempfänger steigt ständig ; die Zahlen der noch schulpflichtigen jungen Mütter steigen trotz Aufklärung weiter an ; immer häufigeres Schulversagen von Kindern und Jugendlichen wird gedeckt durch Anheben von Notenspiegeln bei Klassenarbeiten (PISA-Studie ?!). Doch das ist Freiheit mit ihren „Nebeneffekten“. Freiheit als Unabhängigkeit von jedem äußeren, inneren oder durch Menschen oder Institutionen bedingtem Zwang , Freiheit als ein Vermögen des Willens jedes Individuums, sich Handlungsziele zu setzen bzw. nach bestimmten ethischen Normen zu handeln. „liberalis“ bezeichnet im Lateinischen „die Freiheit betreffend“ die Auffassung, die die Freiheit des Einzelnen („Ich bin so frei“) als grundlegende Norm des menschlichen Zusammenlebens ansieht und eine fortgesetzte Emanzipation des Individuums fordert. Unsere Gesellschaft leistet sich nach außen hin also den Luxus der Individualität. „Erlaubt ist, was gefällt.“ Dabei muss nicht dem Betrachter gefallen, was er sieht. Es reicht, wenn es dem gefällt, der es tut. Und was tut der, dem so viel Freizügigkeit, wie oben in der Mode beschrieben, nicht gefällt? Der kann ja weggucken und schweigen, will er nicht in den Verdacht geraten, ein Boykotteur von „Freiheit“ und zugleich von Frieden und Sicherheit zu sein. Und was tut die, die sich nicht so freizügig zeigt? Die sich vielleicht sogar bedeckt? Die vielleicht sogar darauf besteht, langärmelig und ihr Haar bedeckend durch die Straßen zu gehen? Kann für diese Frau auch gelten „Erlaubt ist, was gefällt.“ ? Was ist mit ihrem Recht auf Freiheit? Tatsache ist, dass nach der Heitmeyer-Studie 71 % der deutschen Bevölkerung die islamische Lebensweise und damit die Bedeckung der Frau mit langärmeligen Kleidern und Kopftüchern ablehnen und nicht sehen wollen. Tatsache ist, dass, wer sich auszieht, eher mit Verständnis für seine Launen rechnen kann als jemand, der nach einer Weltreligion begründet sich zwar modisch, aber eben nicht ausziehend kleidet. Tatsache ist, dass das, was dem Einen an Rechten zugesprochen wird, noch lange nicht für den Anderen gilt. Freiheit für alle oder doch nur für Bestimmte? Ist eine Frau nur schön, wenn sie ihre körperlichen Vorzüge immer und überall offen präsentiert? Besteht eine Frau nur aus körperlichen Vorzügen? Gilt es nicht viel eher, einen Menschen nach seinem Charakter und Können zu beurteilen? Der Bürovorstand einer großen Firma sucht Bürokauffrauen. Unter den Bewerberinnen sind auch junge Frauen mit Kopftuch. Wenn sie Glück haben, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Selbst wenn ihre Leistungen den Erwartungen voll entsprechen oder sie sogar übertreffen, werden sie mit dem Hinweis „Ja, wenn sie Ihr Kopftuch absetzen würden, …“ abgelehnt. In einem Betrieb mit Kundenkontakt heisst es dann außerdem noch: „Das können wir unserer Kundschaft nicht zumuten.“ Andererseits ist es allerdings sehr gut möglich, dass von der Kundschaft mit Kopftuch das Geld für eine gekaufte Ware oder einen geleisteten Dienst genommen wird. Was wäre, wenn die Kopftuch-Kundschaft verlangen würde, von Kopftuch-Beschäftigten bedient zu werden, wie zum Teil im umgekehrten Fall? Kann man von einer Frau verlangen, dass sie ihr Kopftuch auszieht, damit sie eine Arbeitsstelle bekommt? Ist dies nicht eine Nötigung zu einer Handlung, die nicht mit der freien Entscheidung der Person übereinstimmt? Eine Frau mit Kopftuch, die darauf angewiesen ist zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wird durch die Drohung „So kann ich sie nicht einstellen!“ und der damit verbundenen Folge der finanziellen Not veranlasst, etwas zu unterlassen, nämlich das Tragen des Kopftuchs. Eine solche Nötigung kann nach § 240 StGB mit einer Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden. Wie viele Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen machen sich demnach in Deutschland strafbar? Und ist es nicht auch „sittenwidrig“, von einer Frau das Abnehmen des Kopftuchs zu verlangen, wenn dieses Verhalten (das Tragen des Kopftuchs) „aufgrund langer Gewohnheit befolgt wird“ (Brockhaus)? Wenn das Anstandsgefühl (Anstand = von einer best. Gesellschaft als gutes Benehmen bewertetes Verhalten) verletzt wird, kann dieses als ein Verstoß gegen die „guten Sitten“ gesehen und nach § 138 BGB bestraft werden. Aber wen interessieren heute schon noch „gute Sitten“ und „Anstand“? Wenn es als schick gilt, sich als von der Norm abweichend zu outen, kann nicht erwartet werden, dass ein Mehr an Kleidung öffentliche Zustimmung findet. Dabei ist es ein Skandal, was Kopftuchträgerinnen alles passiert : – Eine Frau an der Kasse eines Supermarktes, die das „Glück“ eines verständnisvollen Chefs hatte, musste sich in eine andere Filiale versetzen lassen, weil sich Kunden nicht von der „Mumie“ bedienen lassen wollten. – Eine Kindergärtnerin, die ebenfalls das „Glück“ hatte, die Eltern der betreuten Kinder hinter sich zu haben, wurde vom Bürgermeister suspendiert (städt. Kindergarten). – Frauen wird nachgesagt, sie trügen Kopftuch, weil sie darunter eine Glatze hätten. – Sie sollen wieder dahin gehen, woher sie gekommen sind. Wohin sollen deutsche Musliminnen (deutscher Vater, deutsche Mutter) gehen? – Eine konvertierte deutsche Muslima stand bei einem Bäcker und wartete, bis sie dran war. Ein Mann hinter ihr drängte sich vor. Auf ihre Aussage hin, dass sie jetzt an der Reihe sei, antwortete er ihr, dass er aber Deutscher sei. Um was geht es hier eigentlich? Sind die rechtlichen Grundlagen in Deutschland so, dass bestimmte Menschengruppen benachteiligt werden dürfen? Nein. Ganz klar nein. Kein Mensch darf wegen seiner Lebensweise oder seiner Ansichten, wenn er nicht der Allgemeinheit Schaden zufügt, benachteiligt werden. Das deutsche Grundgesetz regelt diesen Sachverhalt ganz deutlich. Auch die Religionsfreiheit ist im Grundgesetz gewährleistet. Ausserdem hat jeder und jede Deutsche den gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt, jeder Bürger und jede Bürgerin in Deutschland Zugang zu einer Arbeitsstelle, wenn die Befähigung vorliegt, unabhängig vom religiösen Bekenntnis. Stören Kopftuch und lange Ärmel den inneren Frieden und die innere Sicherheit Deutschlands? Scheinbar ja. Es sieht so aus, als ob ein großer Teil der Bevölkerung Deutschlands keine Gefährdung von Frieden und Sicherheit darin sehen, wenn Frauen modisch freizügig durch die Fußgängerzone spazieren („Ein appetitlicher Anblick“ -?-) oder an der Kasse des Supermarktes stehen. Hier gilt der Wahlspruch „Jeder kann machen, was er will“ und „Wer eine gute Figur hat, kann doch zeigen, was er hat“. Aber die hübsche, junge Frau mit dem langen Rock, der langärmligen Bluse und dem farblich abgestimmten Kopftuch hört im harmlosesten Fall „Das arme Mädchen!“. Körperliche Attraktivität hat nicht züchtig verhüllt zu werden. Es ist Tatsache, dass diese junge Frau eine Arbeitsstelle mit Publikumsverkehr (Verkauf, Beratung, …) trotz sehr guter Leistung und Eignung nicht bekommt – es sei denn, sie würde ihr Kopftuch ablegen. Die attraktive junge Frau im modisch-körperbetonten Outfit würde, selbst bei geringerer Eignung, die Arbeit bekommen. Wo bleibt da der Mut eines Personalchefs? Wo ist seine Zivilcourage? Wieso glaubt er, dass es durch das Kopftuch „zu betrieblichen Störungen bei der Arbeit kommt“? Wieso sollten plötzlich weniger Kunden diesen Betrieb aufsuchen? Seit dem 21. August 2003 gilt in Deutschland das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Az.: 1 BvR 792/03), dass das Tragen eines Kopftuches aus religiösen Gründen kein alleiniger Entlassungsgrund ist. Eine Kündigung ist demnach nur gerechtfertigt, wenn diese auf Grund plausibler und nachvollziehbarer Erwägungen durch „personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe bedingt“ sei und nicht auf einen möglichen Verdacht („Jetzt kommen bestimmt weniger Kunden.“) hin. Wird sich dadurch viel ändern für die jungen muslimischen Mädchen, die fleissig in der Schule lernen oder sogar an der Universität studieren? Die mit ihrem Beispiel das Vorurteil, dass Frauen mit Kopftuch ungebildet und dumm seien, widerlegen möchten? Die zeigen wollen, dass sie nicht das Dummchen sind, das nur brav darauf wartet, geheiratet zu werden, wie die westliche Bevölkerung immer glaubt? Werden diese Mädchen die Gelegenheit bekommen, zu beweisen, dass sie selbstbewusste und selbstbestimmte Frauen sind, die sich durchaus ihren eigenen Kopf für die Planung ihrer Zukunft anstrengen? Werden die vielen muslimischen Frauen, die schon Ehefrau und Mutter sind und gerne nebenbei arbeiten möchten, auch andere Arbeitsstellen bekommen als Putzstellen? Die Angst vor dem Kopftuch zieht sich durch alle Bereiche der Republik: In der Nachbarschaft: Wer weiß, ob nicht der muslimische Familienvater seine Frau und seine Töchter unter das Kopftuch zwingt! Im Sportunterricht: Warum will die kopftuchtragende Schülerin nicht am koedukativen (gemischten) Schwimmunterricht teilnehmen? In der freien Berufswelt: Wie soll eine Kopftuchträgerin in der Konfektionsabteilung Kundinnen beraten oder gar im Friseursalon modisch frisieren? Das ist sicher geschäftsschädigend! – Außerdem ist es sicher unhygienisch, wenn eine Krankenschwester mit Kopftuch statt mit Haube den Blutdruck misst! In der öffentlichen Schule: Wird nicht die kopftuchtragende Lehrerin die muslimischen Eltern dahingehend beeinflussen, ihre Töchter unter das Kopftuch zu zwingen? Und wird sie nicht sogar die übrigen Schüler dahingehend beeinflussen, sich positiv mit dem Islam auseinander zu setzen und vielleicht zu konvertieren? Interessant wäre, wenn sich eine deutsche Frau aus dem religiösen Umfeld der Hutterer, der Mennoniten oder der Amischen, von denen ja bekannt ist, dass die Kleiderregeln für Frauen lange Kleidern und eine Haube vorsehen, um eine Stelle in der freien Wirtschaft oder gar im öffentlichen Schuldienst bewerben würde. – Oder wenn sich ein Sikh mit deutschem Pass und erfolgreich abgeschlossenem Lehramtsstudium im Schuldienst bewerben würde. Ein Sikh trägt immer einen Turban. Würde der ihm als mögliche Missionierung ausgelegt? Wahrscheinlich nicht. Denn der Sikh Ranjit Singh aus Hamburg darf sogar mit seinem Turban und ohne Helm Motorrad fahren. Nach diversen Anfragen mit anwaltlichem Beistand bekam er von den örtlichen Behörden eine Fahrerlaubnis. Nach einem Beschluss des Bund-Länderausschusses für Straßenverkehr aus dem Jahr 1986 können Sikhs aus religiösen Gründen von der Helmpflicht befreit werden. – Würde bei deutschen Hindus die farbige Stirnmarkierung ein Hindernis für den Schuldienst darstellen? – Oder die ungeschnittenen Rastalocken eines Bewerbers? – Oder die Kippa eines jüdischen Lehrers? Nein, denn der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bremerhavens unterrichtet an einer staatlichen Schule mit Kippa und der Landesrabbiner von Niedersachsen hat eine Professur in Bremen. Warum also die Panik in deutschen Landen vor dem Kopftuch? Wo bleibt da das Prinzip der Gerechtigkeit? Kann der Kopftuch tragenden Lehrerin angelastet werden, dass in vielen Köpfen verquere Vorstellungen über die Lebensweisen in islamischen Ländern herrschen? Kann man sie für die Missstände in fremden Ländern verantwortlich machen? Geht es bei dieser Problematik nicht eigentlich nur um die Abwehr einer bestimmten Religion oder „fremden Kultur“? Im Grunde handelt es sich bei Reaktionen der Ablehnung gegenüber einer Kopftuch tragenden Lehrerin oder Verkäuferin um den Ausdruck subtiler Ängste und unbelegter Annahmen bzw. Unterstellungen: die nichtmuslimischen Schüler und Schülerinnen könnten religiös beeinflusst werden (im Kaufhaus könnte die Kundschaft weg bleiben). Ob es aber wirklich zu „betrieblichen Störungen“ in der Schule kommen würde, bleibt abzuwarten. Deshalb muss so lange gelten „in dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“) bis sich die Annahme bestätigt hat. Der Frieden und die Sicherheit stehen in einem pluralistischen Staat immer auf dem Prüfstand. Das Bemühen darum muss täglich neu geführt werden. Ein Kopftuch bei einer Lehrerin als Ausdruck des individuellen Glaubens darf einen solchen Staat nicht aus den Fugen werfen. „Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis und lässt sich nie und nimmer sichern.“ (Dietrich Bonhoeffer, 28.8.1934).

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/50064594021235414.html

Die Stellung der Frau im Islam

Es ist bislang – weder in der Geschichte noch in der Gegenwart – keiner Kultur gelungen, die Stellung von Mann und Frau ich ihrem aufeinander angewiesenen privaten und gesellschaftlichen Zusammenleben in jeder Hinsicht zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten und ohne nachhaltige Folgen für sie als Partner und für die die Familie und die Gesellschaft als ihre Umwelt zu bestimmen. Daher gibt es auch kein idealen Maßstab, nach dem die hier gestellte Frage behandelt werden kann.

Dazu kommt eine weitere Schwierigkeit, nämlich die Darstellung von Emotion- und mentalitätsgebundenen Werten und Verhältnissen aus einem Kulturkreis (hieraus dem islamischen) in einem anderen ihm fernstehenden Kulturbereich (hier dem westlichen). Um so schwieriger wird dies schließlich deshalb sein, weil die islamische Welt bei ihrer Entstehung und ihrer geschichtlichen Entwicklung in keinem anderen Falle so viele Strukturen, Sitten und Gewohnheiten derjenigen Völker und Gesellschaften angenommen hat, in denen sich der Islam entwickelte, wie im Falle der Stellung von Frau und Mann zueinander im privaten und gesellschaftlichen Leben.

In keinem Falle ist daher die Kluft zwischen der qur’anischer Lehre und der historischen und gesellschaftlichen Realität so groß wie in diesem Falle. Die von den Kritikern betonte niedrige Einstufung, Diskriminierung und Benachteiligung der Frauen in den islamischen Ländern haben nachweislich ihre Wurzeln mehr in den ethnisch bedingten Sitten, Gewohnheiten und Gesellschaftsstrukturen derjenigen Völker, die den Islam angenommen haben, und weniger im Islam selbst. Das gilt auch zum größten Teil für die vorislamischen arabischen Bräuche und Verhältnisse, die der Islam bei seiner Entstehung bekämpfte, welche sich aber kurz darauf in einer islamisierten Form innerhalb der islamischen Gemeinschaft nicht etablieren konnten.

Zu diesem Sachverhalt liefert uns auch die Forschung Belege. Der deutsche Islamkundler und Historiker Professor Berthild Spuler faßt seine Forschungsergebnisse zu diesem Thema wie folgt zusammen: „Bei aller Achtung, die die persische Frau innerhalb ihres Hauses, besonders als Mutter, genoß, trat sie in der Öffentlichkeit wenig hervor. Im sassanidischen Rechtssystem wurde sie weitgehend nicht als Subjekt, sondern als Objekt des Rechts behandelt…. Doch waren die über ganz Vorderasien (einschließlich das christliche Reich Byzanz) verbreiteten strengen Anschauungen über die Stellung der frau in der Öffentlichkeit Grund dafür, daß die ursprünglich wesentlich freieren Auffassungen der Araber allmählich verschwanden und der Verschleierung der Frauen und ihrer Einschließung in den Harem Platz machten. In den abgelegeneren Gegenden Irans war die ältere sassanidische Überlieferung ohnehin lebendig und somit die Frau in ihrer Bewegungsfreiheit sehr beschränkt. In Deylam durften die Frauen Ende des 10. Jahrhunderts nur nachts in schwarzen Kleidern ausgehen, und aus Tabbas in der Salzwüste berichtete man noch 1052, daß jede Frau, die mit einem ihr nicht verwandten Manne sprach, mit dem Tode bestraft wurde… In Gilan lag – wie so häufig in primitiven Kulturen – die schwere Arbeit der Landbestellung auf den Schultern der Frauen. Diese gedrückte und rechtlose Stellung der Frau brachte es mit sich, daß auch die Araber glaubten, dem Qur’an entsprechend die Frauen lediglich als Objekt betrachten und sich an weiblichen Gefangenen vergreifen dürfen… Einen Umschwung zu noch größerer Freiheit, teilweise schon zur Emanzipation, hat der Einbruch der türkischen Völker im Iran und überhaupt in Vorderasien mit sich gebracht. Die Türken hatten bisher, vor allem vor ihrer Berührung mit dem Islam, den Frauen weniger Beschränkungen auferlegt, und wenn sie sich auch der vorderasiatischen Zivilisation schon bald anglichen, so ist allgemein einem öffentlichen Auftreten der Frauen doch ein größerer Spielraum gewährt worden.“

Soweit zu den gesellschaftlichen Verhältnissen in der frühislamischen Zeit zwischen dem 7. Und 11. Jahrhundert unter den drei Völkern, die die Geschichte als die drei Hauptträger des islamischen Gebäudes anerkennt. Das Gleiche gilt für die anderen, später zum Islam bekehrten asiatischen und afrikanischen Völker.

Zu diesem allgemein volkstümlichen, das sich sehr rasch, abweichend von der quranischen Lehre, als „islamisch“ durchgesetzt hatte, kommt der männliche Egoismus hinzu, der seine Herrschaft über die Frauen unter Verletzung ihrer vom Islam hervorgehobenen Rechte beibehalten und weiter pflegen wollte und will. Ein prototypisches Beispiel selbst aus den früheren Jahrhunderten, in denen von der Emanzipation der Frauen auch im Westen noch keine Rede gewesen ist, soll das hier Gemeinte erläutern:

Der ägyptische Gelehrte Asch-Scha’rani (1492-1565) berichtete: Als der islamische Herrscher Muhyaddin ibn Abi Asbagh einen hohen ägyptischen Staatsmann besuchte, traf er bei ihm einen Gelehrten, der den Frauen des Hauses Muhammads (Y) Überlieferungen über die Rechte der Frauen gegenüber den Männern aus der Traditionssammlung Al-Bukharyy vorlas. Daraufhin, böse spottend, aber typisch reagierend, beschimpfte der Emir den Gelehrten und verlangte von ihm Folgendes: „Erkläre ihnen (den Frauen) doch erst das Recht, das der Mann – islamisch gesehen – ihnen gegenüber besitzt. Denn wir (Männer) können schon jetzt – d.h. trotz ihrer Unwissenheit, welche rechte sie (Frauen) uns gegenüber haben – nicht einmal mit ihnen fertig werden. Wie können wir dann überhaupt mit ihnen zurechtkommen, wenn sie einmal erfahren, welche Rechte ihnen der Islam uns (Männern) gegenüber zugesprochen hat?“

Es ist nicht möglich, alles dieses durcheinander und gegeneinander laufenden Strömungen und Motivationen volkstümlicher, gesellschaftlicher und persönlicher Strömungen und Motivationen zu trennen und die diesbezügliche Lehre des Islam in ihrer reinsten Form darzubieten. Hier sei nur auf einige grundsätzliche islamische Einstellungen zu diesem Problem hingewiesen: Einstellungen und Gedanken, die vom Qur’an aus gesehen als Kampfansage gegen die Verletzung der Menschenwürde der Frauen und als Wiederbelebung der von der Schöpfung her geprägten absoluten Wertgleichheit der beiden Geschlechter im Sinne einer absoluten Gleichheit aller Menschen Gott gegenüber zu verstehen sind. Um so beachtlicher ist diese quranische Einstellung dazu, als sie sich mit einer Gesellschaftsform – wie die damalige arabische und allgemein vorderasiatische, einschließlich der christlich-byzantinischen auseinandersetzt, die die absolute Herrschaft der Männer, vor allem durch ihre wirtschaftliche Dominanz und die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen als selbstverständliche Gegebenheit voraussetzt. Der Qur’an hat weder jene Verhältnisse geprägt noch gutgeheißen, sondern sie zugunsten der Frauen zu ändern und mindestens zu regulieren versucht. Das bedeutet, daß im falle einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstrukturierung jener festgefahrenen Gesellschaftsformen zugunsten des weiblichen Geschlechts die islamische Lehre sich viel leichter verwirklichen läßt, als man bis jetzt angenommen und geglaubt hatte.

Gott gegenüber und ihrem Wesen nach steht die Frau als Mensch dem Mann gleich. So wird bei der Wiedergabe der Schöpfungsgeschichte nicht – wie bei den anderen semitischen Religionen – Eva als Frau zur Las gelegt, beeinflußt vom Teufel (der Schlange) ihren Mann Adam verführt zu haben. Das Vergehen kommt (Qur’an Sure 2, Vers 36) beiden gleichzeitig und gleichgewichtig zu: Da veranlaßte sie (d.h. Adam und Eva) der Satan, einen Fehltritt zu tun, wodurch sie des Paradieses verlustig gingen…“

Das Eingehen der Ehe wird im Islam ausnahmslos dem Mann wie auch der Frau mit besonderem Nachdruck empfohlen. Zwei Gründe werden häufig dafür genannt; das Bewahren der gesellschaftlichen Sittlichkeit bzw. der Schutz der Individuen vor Ausschweifungen und das Beleben des wirtschaftlichen Lebens dadurch, daß der verheiratete Mann verpflichtet wird, für den Unterhalt der Familie aufzukommen, wofür ein handwerklicher Beruf oder eine geschäftliche Tätigkeit als unabdingbare Voraussetzung erforderlich ist. Wenn aber innerhalb der Ehe dem Manne die wirtschaftliche Belastung auferlegt wird, so wird der Frau die Rolle eines ruhenden Pols zugesprochen (Qur’an Sure 7, Vers 189) „…damit er (der Mann) bei ihr (der Gattin) ruhe.“ Die Ehe geht ausschließlich von der Frau aus, die ihre Bereitschaft dazu ausspricht, wonach erst der Mann seine Bereitschaft zum Ausdruck bringen soll. Während in der Familie die Frau als Mutter eine viel größere Achtung genießt als der Vater, so stehen entsprechend den wirtschaftlichen Belastungen des Mannes, dem Manne in der Gesellschaft größere Rollen und zugleich mehr Verpflichtungen zu. Im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten soll jedoch bei der Eheschließung die sogenannte Morgengabe (Sadagh) nur als Geschenk (Nihla) vorgeschlagen werden (Qur’an Sure 4, Vers 4): „und gebt den Frauen ihre Morgengabe als Geschenk“ Das heißt: die Morgengabe darf nicht als Gegenleistung die frau zu einem Tauschobjekt entwürdigen. Die wirtschaftliche Belastung, die dem Manne zukommt, bedeutet, daß die Frau das Recht auf einen standesgemäßen Lebensunterhalt, auf Wohnung und Kleidung hat, selbst wenn sie an sich vermögend und wirtschaftlich völlig unabhängig ist. Sie hat sogar darüber hinaus das Recht, für die von ihr erbrachten Leistungen im Hause und sogar für das Stillen der Kinder vom Manne Geld zu verlangen. Der Mann hat kein Recht, der Frau über ihre Verpflichtungen hinaus die geringsten Befehle zu erteilen. Ihre Verpflichtungen erschöpfen sich darin, sein Eigentum, seinen Lebensbereich und ihre Treue zu schützen. Die gegenseitige Schutzverpflichtung kommt in einer Überlieferung Muhammads (Y) u.a. wie folgt zum Ausdruck: „Der Mann ist der Beschützer seiner Familie und verantwortlich dafür. Die Frau ist die Beschützerin des Lebensbereiches des Mannes und verantwortlich dafür.“ Diese gegenseitige Schutzverpflichtung und diese gegenseitige Verantwortung wurde nicht selten zum Nachteil der Frauen mißverstanden und von den Männern mißbraucht. Die Schutzpflicht des Mannes seiner Frau gegenüber wird im Qur’an (Sure 4, Vers 34) wie folgt zum Ausdruck gebracht: Ar-Ridjal Qawammun ‚ala ’n-Nisa, was nur „die Männer sind die Verantwortlichen für die Frauen“ bedeuten kann und nichts mit einer Einstufung der Männer über die Frauen zu tun hat. (vgl. Wehr, Arabisch-Deutsches Wörterbuch Qawwam’ala). Der darauffolgende Satzteile „weil Gott einigen über die anderen Vorrang gegeben hatte“ ist – wie der o.g. ägyptische Gelehrte des 15./16. Jahrhunderts ohne Beeinflussung von den viel später entstanden Emanzipationsbewegungen sagte – lediglich ein Hinweis auf die wirtschaftliche Belastung und eine Aufforderung zur wirtschaftlichen Betätigung und Verantwortung des Mannes. Dazu sagt er: „Der Vorzug der Männer besteht im Beruf, durch den er für die Familie auf legale Weise Geld verdient. Wer unter den Männern keinen Beruf hat, ist dem Range der Frau gleichgestellt.“ Die hier und an einer anderen Quran’stelle (Sure2, Vers 228) angesprochene Höherstufung des Mannes bezieht sich im Rahmen der gesellschaftlichen Verpflichtungen und Verantwortungen lediglich auf die Vorrangigkeit derjenigen Personen, welche dies auf sich nehmen, und hat weder mit Ungleichheit im recht noch im Wert etwas zu tun.
Die Schutzpflicht des Mannes gegenüber der Frau erschöpft sich aber nicht in der wirtschaftlichen Belastung. Er ist darüber hinaus verpflichtet, sie vor der Belästigung seitens fremder Männer zu schützen, wozu auch die Bewahrung der Treue seitens der Frau gehört. Damit aber seitens der Männer nicht zum Mißbrauch ihrer körperlichen Überlegenheit führt, wird diese sehr empfindliche Situation (Notwendigkeit des Schutzes der Frau vor fremden Männern, Notwendigkeit der Einhaltung der Treue seitens der Frau und Mißbrauchverbot der körperlichen Stärke des Mannes) wie folgt erklärt und den beiden Partnern eine äußerst brisante psychologische Lösung, und zwar unter Ausschluß jeder körperlichen Ausschreitung empfohlen: Im Anschluß an die Aussage, daß die Männer verantwortlich für die Frauen sind, heißt es sinngemäß weiter: „Im Falle einer ständigen, nicht nur einmaligen Verletzung ihrer religiösen Pflichten (Nuschuz d.h. sich gegen den Mann auflehnen indem sie – öffentliche Unkeuschheit begeht/Fahischa Mubaiyina)- nur in diesem Falle, wen das Zusammenleben dadurch unerträglich wird, wird dem Manne, um einer Scheidung vorzubeugen, die Möglichkeit eingeräumt, Maßnahmen zu ergreifen, die von Ratschlägen bis zur Trennung im Bett reichen; und wenn dies alles nichts nützt, bis zu einem „nicht-schmerzenden“ (ghair-mubarrih) Schlag (vgl. Qur’an-Kommentar von Tabari).

Hier meinen die Gelehrten einstimmig, daß die Beschimpfung, jegliche Mißhandlung und sogar „nicht schmerzende“ Schläge gegenüber der Frau wegen jeder Art weltlicher und alltäglicher Streitfragen verboten (haram) sind, und bemühen sich, das Auftreten selbst des ersten Falles weitgehend auszuschließen. Die Charakterisierung „nicht-schmerzender Schlag“ soll grundsätzlich jede Art von Schlägen aufheben. Ebenso obliegt es der Frau, im Rahmen der allgemeinen Verpflichtungen jedes Muslims, das Rechte zu gebieten und das Verwerfliche zu verbieten (Qur’an Sure 3, Vers 110), erzieherisch darauf zu wirken und den Mann von der Verletzung seiner Pflichten abzuhalten. Der Frau wird darüber hinaus eingeräumt, ihre rechte zuerst durch einen Schiedsrichter und dann durch das Gericht geltend zu machen. Die Scheidung, die als solche zwar als verpönteste Erlaubnis deklariert wird (abghad al-halal’inda’llah at-talaq) geht in der Formulierung khul‘ (Freinahme) von der Frau aus.

Durch die wirtschaftliche Dominanz der Männer bedingt und im Rahmen ihrer Versorgungsverpflichtung, läßt der Qur’an die Möglichkeit zur Vielehe offen. Im gleichen Vers unterbindet er diese Möglichkeit, wenn der Mann auch nur fürchtet, im Falle einer Vielehe die Frauen nicht gerecht behandeln zu können (Qur’an Sure 4, Vers 3 „Wenn ihr aber fürchtet, (sie) nicht gerecht zu (be)handlen, dann (nur) eine.“)

Dazu kommt die Möglichkeit, der Frau bei der Eheschließung das Scheidungsrecht einzuräumen, falls der Mann ohne ihr Einverständnis eine zweite Frau nehmen würde. Davon haben bereits einige Statten (Tunesien, Ägypten usw.) offiziell Gebrauch gemacht.

Im Falle einer Erbschaft steht der Frau ein geringeres Erbteil zu als ihren Brüdern, wenn sie einen oder mehrere hat. Dies wird als Ausgleich zur höheren wirtschaftlichen Belastung des Mannes, die der Frau gänzlich fehlt, und als Ausgleich zu den harten Verteidigungspflichten, die nur den Männern und nicht den Frauen obliegen, verstanden.

Was die Ausbildung der Frauen betrifft, so war Muhammad (Y) selbst der erste, der mit Beginn der Offenbarung Kreise von Männern und Frauen zum Zwecke größerer Bildung gründete.

Bei der Besetzung gesellschaftlicher Positionen steht einer völligen Gleichberechtigung der Frau nichts im Wege, vorausgesetzt, daß die moralischen Regeln, zu denen sowohl Männer als auch Frauen verpflichtet sind, eingehalten werden, so daß die Frau als eine gleichwertige Partnerin des Mannes fungieren kann, ohne als Objekt des Konsums und des Interesses der Männer mißbraucht und von diesen „belästigt“ zu werden (Qur’an Sure 33, Vers 59).

Die Beteiligung der Frauen an den gesellschaftlichen Belangen -wie es zur Zeit Muhammads (Y) üblich war – war nach qur’anischen Vorschriften begleitet von einer dementsprechenden Zurückhaltung bzw. dem Untersagen einer gegenseitigen Provokation; eine Tatsache, die aber infolge der Volkstümlichkeit bis zur Zurückdrängung der Frauen aus diesen Lebensbereichen mißbraucht wurde. Die Zurückgewinnung der vom Islam gewährten Rechte und Freiheiten – und weniger die noch nicht abgeschlossene und sogar oft zum Nachteil der Frauenwürde mißbrauchte westliche Emanzipationswelle – bestimmt eine neue Bewegung der Frauen in der islamischen Welt.

Diese Haltung – und speziell diese – hat parallel zu den neuen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den islamischen Ländern vielen Frauen ein sehr hochzuschätzendes Selbstbewußtsein verschafft und zum ersten Mal in der Geschichte des Islam einen neuen muslimischen Frauentyp hervorgebracht, dem die gesellschaftlichen Bewegungen in den islamischen Ländern viel zu verdanken haben und ohne den die Bewegungen keinen Erfolg hätten erzielen können.

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/50064594021242919.html

Über die Frau im Islam

Die Frau …
Gekürzter Artikel der „World Assembly of Muslim Women“
aus HUDA 5/1997

…Man kann die Frau aus drei Blickwinkeln betrachten, damit die islamischen Ansichten bezüglich der Frau geklärt werden. Der erste Standpunkt – die rolle der Frau als ein Mensch auf dem Wege der spirituellen und seelischen Vervollkommnung. Aus dieser Sicht gibt es keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Es gab große und bedeutende Frauen, so wie es auch große und bedeutende Männer gab. Im Qur’an spricht der Erhabenen Gott, wenn Er den Gläubigen ein Beispiel bringen will, von einer Frau, nämlich der Frau des Pharao – eine hervorragende Erscheinung, deren gleichen unter den damaligen Menschen nicht oder selten zu finden war.

Der zweite Blickwinkel betrifft die gesellschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und ökonomischen Aktivitäten. Aus der Sicht des Islam ist die Arena der gesellschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und ökonomischen Anstrengungen und Aktivitäten für Frauen ganz offen.

Sollte jemand aufgrund der islamischen Kenntnisse der Frau von der wissenschaftlichen Arbeit und den ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen abhalten, so hat er etwas gegen das Gottesgesetz gehandelt. Für die Aktivitäten, soweit es die körperliche Kraft und die Bedürfnisse und Erfordernisse erlauben, gibt es kein Hindernis. So viel sie können, können sie gesellschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und ökonomischen Aktivitäten unternehmen. Im islamischen recht gibt es da kein Hindernis.

Da die Frau in Bezug ihres Körperbaues zierlicher als der Mann ist, gibt es natürlich auch Erfordernisse. Es ist ein Unrecht, daß man die Frau zu schwerer Arbeit zwingt. Der Islam empfiehlt dies nicht. Aber er hindert auch nicht an der wissenschaftlichen Arbeit und an den ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen. Es gibt zwar eine Überlieferung von dem geehrten Propheten des Islam, welche besagt: „Die Frau ist eine Blume und keine Heldenfigur. Und Heldenfigur heißt Diener, dem man Ansehen verliehen hat.“

Diese Überlieferung spricht die Männer an, d.h. die Frau in Eurem Haus ist wie eine zarte Blume, so daß man mit ihr sehr feinfühlig und wohlüberlegt umgehen muß. Sie ist nicht Eure Dienerin und Euer Dienstmädchen, so daß Ihr denkt, Ihr müßt ihr alle schwere Arbeit auferlegen. Das ist sehr wichtig.

Daß wir uns auf islamische Ansichten berufen und die Frau von den ökonomischen und gesellschaftlichen Aktivitäten abhalten wollen, ist falsch. Der Islam hat so etwas nicht gesagt.
Aber andererseits, daß man die Frau zu schweren und harten ökonomischen, gesellschaftlichen oder politischen Anstrengungen zwingt, ist auch nicht vom Islam empfohlen worden. Die Ansicht des Islam ist eine ausgeglichene Ansicht, d.h. sollte die Frau Gelegenheit und freie Zeit haben und die Betreuung der Kinder sie nicht hindern, und sie Interesse und die körperliche Kraft und den Willen zu der Teilnahme an den gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Aktivitäten besitzen, so gibt es kein Hindernis. Aber daß man sie dazu zwingt und sagt, du mußt einen Beruf ausüben und täglich so viel arbeiten, damit du ein Einkommen hast und von den Unkosten der Familie einen teil übernimmst, dies hat der Islam auch nicht von der Frau verlangt. Das betrachtet er auch als einen Zwang gegenüber der Frau.

Aus dem zweiten Blickwinkel, welcher die wissenschaftlichen, ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen und derartigen Aktivitäten betrifft, ist zusammengefaßt, wie schon gesagt, die Ansicht des Islam dargestellt, daß die Frau zu nichts gezwungen werden soll, aber daß man ihr auch nicht den Weg versperrt. Wenn die Frauen den Wunsch haben, an den gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten teilzunehmen, so gibt es kein Hindernis. Selbstverständlich ist auch eine wissenschaftliche Arbeit sehr gut und wird bevorzugt.

Ich empfehle den Familien, ihren Töchtern das Lernen zu erlauben. Nicht das ein Vater oder eine Mutter aufgrund religiösem Fanatismus glaubt, sie sollen den Mädchen das Erzielen einer hohen Bildung verwehren. Nein, die Religion hat nicht so etwas gesagt. Die Religion macht keinen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen in Bezug auf das Erlangen von Wissen. Wenn euer Junge eine hohe Bildung erlangt, so muß auch eure Tochter eine hohe Bildung erlangen. Laßt unsere jungen Mädchen studieren, Wissenschaft erlangen, Kenntnis finden, ihre Stellung erkennen und ihren eigenen Wert, um zu sehen, wie nichtig und haltlos alle Propaganda der despotischen Weltmächte über die Frau ist. Nur dank der Bildung kann dieser Punkt verstanden werden. …

Der dritte Blickwinkel ist die Betrachtung der Frau als ein Mitglied der Familie. Dies ist am allerwichtigsten. Meine Lieben! Im Islam ist dem Mann nicht erlaubt, der Frau etwas aufzuerlegen und ihr aufzuzwängen. Dem Mann ist ein begrenztes Recht zuteil geworden, was auch aus einer Weisheit und einem guten Zweck hervor, dem jedem, dem es gesagt und erklärt wird, zustimmt. Demgegenüber sind aus vernünftigen Gründen der Frau auch Rechte zugeteilt worden. Mann und Frau haben jeder für sich eine bestimmte Natur, ein bestimmtes Benehmen, eine bestimmte Identität und ein bestimmtes Interesse.

Wenn diese bestimmten Eigenschaften des Mannes und die der Frau richtig genutzt wurden – so können Mann und Frau eine vollkommene, harmonische und erfolgreiche Partnerschaft begründen. Sollte der Mann übertreiben, geht das Gleichgewicht verloren. Sollte die Frau übertreiben, geht ebenfalls das Gleichgewicht verloren.

In der Familie hat der Islam die zwei Geschlechter als die zwei Hälften einer Tür, als zwei Augen in dem Gesicht eines Menschen, als zwei Wächterschützen an der Front des Lebenskampfes und als zwei Geschäftspartner in einem Geschäft betrachtet. Jeder mit seiner eigenen Natur und seinen eigenen Eigenschaften, den eigenen Körper und der eigenen Seele, der eigenen Gedanken und Interessen und Gefühle. Die Frau hat ihre eigene und der Mann seine eigenen. Wenn diese beiden Geschlechter in den Grenzen des Rahmens, den der Islam beschreibt, zusammenleben, wird die Familie eine ewige, gesegnete, nutzvolle Familie voller Liebe sein.

…Ich empfehle, daß meine lieben Schwestern und Töchter diese Erkenntnisse erweitern. Bücher lesen, Studieren, Aufmerksamkeit, Forschung, Bildung, Erkenntnis über die Probleme von heute und die Verrichtung religiöser Dinge gehören zu den entschiedenen und selbstverständlichen Pflichten, für die sich heute unsere Frauen genauso wie die Männer verantwortlich fühlen müssen. Ihr seid es, die gute Kinder erziehen. Ihr seid es, die eure Männer dazu ermuntert, gute Werke zu tun. Viele der Frauen verhelfen ihren Männern zum Paradies und sie retten sie aus den weltlichen und jenseitigen Problemen. Einen solchen Wert hat die Arbeit, das Bemühen und die Erkenntnis sowie die Stellungnahme der Frau. Möge Gott Euch allen Seinen Segen zuteil werden lassen.

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/5006459402126c722.html

Stellungnahme zu Kopftuchurteil

„In diesem Fall sollen nicht die Behörden und Gerichte entscheiden, sondern der Gesetzgeber“, dieser Satz aus dem am 24.09.2003 gefällten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes löste sowohl große Freude über die Aufhebung der Urteile der Verwaltungsgerichte aus, als auch gleichzeitig die Sorge aufkam, wie wohl die einzelnen Gesetzgeber entscheiden werden. Die Frage ob das Kopftuch einer Lehrerin in der Schule eine Normalität – oder im Namen der Neutralität des Staates verboten wird – bleibt offen. Bleibt zu hoffen, dass es nicht zu vorschnellen Entscheidungen seitens der Länder kommt, sondern die jeweilige Sachlage von allen Seiten genau betrachtet wird und die bereits existierende Pluralität der unterschiedlichen Lebensformen der hiesigen Gesellschaft Beachtung finden wird. Für die Richter war die Urteilsfindung kein leichtes Unterfangen , da die zu treffende Entscheidung weitreichende Folgen haben wird und das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht unberührt lassen wird. Der Gewinner in diesem Rechtsstreit ist zweifellos das rechtsstaatliche und demokratische System unseres Landes, welches es ermöglicht solch eine sensible Entscheidung differenziert zu betrachten und zu diskutieren. Die Diskussionen der letzten Jahre zeigen, dass zwischen Theorie und Praxis unserer pluralistischen Gesellschaft noch einige Hürden zu überwinden sind, und dass unterschiedliche religiöse und weltanschauliche Ansichten nicht durch Verstecken einzelner Ausdrucksformen zu „handeln“ sind. Dies würde den Integrationsprozess blockieren. Deshalb ist die Schule auch ein geeigneter Ort um Toleranz und Andersartigkeit kennen zu lernen und der heranwachsenden Generation Ängste des Fremden und Unbekannten zu nehmen. Die Ängste sind z.T. verständlich und nachvollziehbar, da das Bild des Islam von Gewalt, Indoktrination und der Unterdrückung der Frau gekennzeichnet ist. Die Würde muslimischer Frauen, die in Deutschland leben, auf einen Quadratmeter Stoff zu reduzieren, ist jedoch nicht korrekt. Das es auch hier Frauen gibt, die im Namen des Islam unterdrückt werden ist wahr, jedoch spiegelt diese Interpretation des Islam die Meinung einer muslimischen Minderheit wieder. Diese Interpretation ist eine Diffamierung der Mehrheit kopftuchtragender Frauen, die frei, selbstbewusst und selbständig ihr Leben gestalten. Frauen, die verantwortungsbewusst und kompetent eigene Entscheidungen treffen und ihr Recht auf persönliche Entfaltung wahrnehmen. Frauen die jede Art der Bevormundung ablehnen und sich aktiv dagegen wehren. Wir hoffen, dass es den Frauen in Deutschland selbst überlassen wird, wie sie ihre Religiosität verstehen und leben wollen und wie sie sich kleiden, ohne dabei vom Gesetzgeber bestimmte Auflagen erfüllen zu müssen. Jeder Frau sollte das Grundrecht zustehen sich für oder gegen ein Tuch zu entscheiden, dies sollte einzig und allein in ihrer eigenen Verantwortung liegen.

HUDA – Redaktion

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/50064594081316016.html

Vortrag über Gewalt

Gewalt ist ein Thema, welches schier unauslotbar erscheint. Täglich werden wir mit ihr konfrontiert. Längst scheinen bestimmte Formen von Gewalt gesellschaftsfähig geworden zu sein. Sie ist aus islamischer Sicht nicht losgelöst von der Ontologie des Menschen zu betrachten. Sie scheint nicht eliminierbar zu sein, denn wir Menschen tragen die Bereitscha ft, ja sogar die Lust an der Gewalt offenbar in uns. Selber Geschöpfe aus zerbrechlichstem Material, sind wir bereit, anderen Gewalt anzutun, um unseres eigenen Vorteils willen. Trotz aller Appelle und internationalen Ächtung beherrscht sie doch in vielfacher Weise unser Leben. Nach wie vor wütet Kain gegen Abel und eine Besserung scheint nicht in Sicht.

Dennoch kann unser Anspruch nur lauten: Unter Aufbietung aller Kräfte mit allen legalen Mitteln gegen Gewalt und Unterdrückung anzugehen. Aber was heißt das in der Praxis? Gegen die Bereitschaft zur Gewaltanwendung müssen wir mit der Kraft, die wir zum Leben mitbekommen haben, entgegen ziehen.
Gewalt als Abwesenheit von Gerechtigkeit
Die Gründe der Gewalt sind so mannigfaltig, wie die der Abwesenheit von Gerechtigkeit.
Als Gott Seinem Geschöpf Iblis (Iblis, die destruktive Kraft in personeller Bezeichnung; Iblis, der Enttäuschte ) befahl, die göttliche Kreation Mensch anzuerkennen und ihm mit Achtung zu begegnen, weigerte sich dieser und sagte: Ich bin besser als er, es wäre ungerecht, wenn Du mich in meiner von Dir ausgewählten überlegenen Materie nicht in Rangstufen über den Erdling erheben würdest. Damit zog Iblis die Materie dem Geist vor, und verschleierte den göttlichen Hauch, mit dem Gott den Menschen geehrt hat. Es ist nicht so, dass es Iblis nicht gelänge, einige Vorzüge seiner Person gegen die schwächere Materie Mensch ins Feld zu führen, aber die Fronten sind klar: Der Schwächere wird als derjenige gekennzeichnet, dem mindere Rechte, weniger Achtung und Würde und damit ein Defizit an Versorgung zukäme, und dies sei legitim und gerecht. Damit sind wir beim Thema Frau. Es ist rhetorisch nicht unbedingt positiv in apologetischer Weise Zahlen herbeizubringen, dass Gewalt in mehr als 98% der Fälle von männlichen Menschen gegenüber Schwächeren, (nicht unbedingt allein gegen Frauen) ausgeübt wird. Doch wir bedürfen dieser Zahl als Grundlage der Ursachenforschung. Eines der Aspekte im Kontext von Gewalt gegen Schwächere scheint das gänzlich andere Verständnis von Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter zu sein.
Muslim/innen vertrauen den Offenbarungstexten des Qur’an und dem Propheten, wenn sie sich mit dem Thema Gewalt gegen Frauen beschäftigen.
Das qur`anische Konzept gegen Gewalt Der Qur’an hat ein interessantes Konzept zur Überwindung von Gewalt aufgestellt. Dieses Konzept ist an die qur’anische Lehre vom Sein gebunden, wonach nur Einer Besitzer von Macht und Gewalt ist, der Schöpfer selbst. Es ergibt sich für alle Geschöpfe ein gleicher Status: Alle haben sich der Ausübung von Macht und Gewalt zu enthalten, mit Ausnahme bei Gefahr für Leib und Leben. Dies wird durch das Konzept des Bewusstseins göttlicher Anwesenheit in der Schöpfung garantiert. Die Art, in der Gott Verantwortung für Seine Schöpfung übernimmt, bestätigt, dass Seine Macht und Gewalt allemal groß genug ist, den Kosmos in vollkommener Ordnung aufrechtzuerhalten, so dass ihnen kein Unrecht widerfährt , (Qur`an 10.47) Die Menschen sind gehalten, sich der Macht und der Gewalt nur innerhalb der göttlichen Definition zu bedienen, also in positiver Ausgestaltung. Die Gewalten Gottes sind positiv, sie sind pro-Mensch, d.h. pro-Schöpfung!
Demnach wird das Geschöpf Gottes (makhluq) in den Offenbarungen Gottes aufgefordert, Gewalt über sich und seine Begierden, seine maßlosen Wünsche, seine zerstörerischen Kräfte zu gewinnen. Er soll, wo immer es möglich ist und stabilisierend erscheint, sogar auf Vergeltung bei erlittenem Unrecht verzichten, wenn er seine Seele und seine Existenz in seiner Gewalt hat. Es gilt Iblis in uns: Ich bin besser als die anderen zu bekämpfen.
Eines der beeindruckendsten und unser Inneres berührenden Szenarien qur’anischer Dialoge zwischen den Beteiligten Gott, Iblis und Mensch, ist die Aufarbeitung des Desasters, welches den Menschen aus der Nähe göttlicher Gegenwart als Gesprächspartner des Schöpfers entlässt.
Wir fanden im Menschen kein Ausharrungsvermögen (gegen die Angriffe rhetorisch geschickter Verführung), denn der Mensch ist schwach geschaffen. Geht nun hinab von hier und wenn zu euch Worte von Mir kommen, so brauchen diejenigen, die sich mit diesen Worten vernunftbegabt auseinandersetzen und sie sich zu Nutze machen, keine Angst zu haben und nicht traurig zu sein und zu Mir ist die Heimkeh (Qur`an u.a. 2o.115).
Mit diesen Worten verabschiedet der Schöpfer Seine Geschöpfe auf Zeit aus dem paradiesischen Zustand. Ist das ein Rausschmiss, ist das Gewalt eines Überlegenen gegenüber dem Schwächeren oder vollzieht sich hier eine logische Konsequenz menschlichen Verhaltens, verbunden mit der Sorge eines Schöpfers, der sein Geschöpf für Nachlässigkeit und Schwäche nahezu entschuldigt und ihm alsdann einen eigens für ihn geschaffenen Lebensraum anweist sowie einen guten Ausgang , die Rückkehr zu Ihm (Qur`an 2.245, 2.274 u.a.) verheißt?
Dies ist der Rahmen des Gewalt-Verzichts und der barmherzigen Gerechtigkeit, den wir aus dem Qur`an erkennen und aus dem wir Lehren für unsere Arbeit ziehen können: Selbst bei irrtumsbehaftetem, falschen Handeln verbleibt die Verpflichtung, Verbesserung und Entfaltungsmöglichkeiten für Opfer und Täter bereit zu halten.
>Gewalt in Ehe und Familie
Lange verdrängt, mehren sich nun mutige Stimmen, die nüchtern feststellen, dass Gewalt unter den Geschlechtern, besonders auch in Ehe und Familie kein Thema christlicher Ehen und Familien ist, und auch die ständige Behauptung, es sei die westliche Dekadenz, die zu Gewaltanwendung in Ehe und Familie führe, führt zu nichts, ganz abgesehen davon, dass sich Pauschalisierungen dieser Art nicht verifizieren lassen. Gewalt jedweder Art ist auch ein tägliches Thema in muslimischen Familien.
Körperliche Kräfte-Überlegenheit wird mit Ressourcen-Überlegenheit verknüpft und als gottgewollt definiert. Es entsteht eine Herrschaft, die auf selbst definierter Überlegenheit basiert und sich über das (meist) wirtschaftlich und kräftemäßig schwächere Geschlecht hinwegsetzt. Ein schwächeres Geschlecht, weil es in Abhängigkeit und Bevormundung gehalten und damit bewusst geschwächt wird.
Übel ist es, wenn versucht wird Gewalt gegen Frauen in der muslimischen Gesellschaft mit heiligen Texten zu legitimieren. Der Versuch muss scheitern, nicht jedoch seine Wirkungsgeschichte. Schon zu Beginn der sprachlichen Textuntersuchungen werden gravierende Fehlinterpretationen deutlich.
Oh ihr Menschen, wir haben euch aus einer einzigen Substanz erschaffen. Aus ihr (der Substanz) schufen Wir das (jeweilige) Partnerwesen und aus beiden ließen wir viele Männer und Frauen hervorgehen. (Qur`an 4.1)
Mit anderen Worten: Was wesensmäßig gleich ist, kann zu keinem Zeitpunkt ungleich werden (Rifat Hassan). Die beabsichtigte oder unbeabsichtigte Fehlinterpretation dieses Textes, welcher sich im Qur`an in anderen Bezügen und Aspekten oft wiederholt, hat zu der Vorstellung geführt, dass zuerst das männliche Wesen mit dem Willen Gottes auf der Erde erschien und aus ihm seine Gattin geschaffen wurde. Das ist keine Fehlinterpretation, die wir nur im Islam finden. Diese mit dem Text nicht zu vereinbarende Vorstellung tritt sogar neben anderen Religionsgemeinschaften auch in nicht religiös definierten Gesellschaften mit gleicher Wirkung auf: Frauen sollten darüber nachdenken, woraus die erstaunliche Einigkeit zu diesem Thema unter so vielen verschiedenen Kultur- und Religionsgemeinschaften resultiert, wenn es darum geht, Frauen eine nachrangige Spätgeburt zu bescheinigen.
Gewalt, ein Begriff und viele Facetten
Ist es Gewalt, wann immer ein Mensch unter Befehlsgewalt etwas tun oder lassen muss, was er nicht möchte, was ihm zuwider ist, was seiner Persönlichkeit, seiner Auffassung von freier Lebensgestaltung, widerspricht? Seinen Geist, seine Seele, sein Gewissen quält? Oder können wir erst dann von Gewalt sprechen, wenn es um körperliche Übergriffe geht, wenn Misshandlung zur Debatte steht? Streben wir verantwortete Selbstbestimmung jedweder Existenz an, dem Schöpfer verantwortlich, oder geht es uns nur darum, dass weniger Frauen und Kinder geschlagen, seelisch zerstört, verletzt, verachtet, entwürdigt und oder sogar getötet werden? Im Reich der Blinden ist der Einäugige König! In Gesprächen mit Frauen, die das Glück genießen, keiner körperlichen Gewalt zu unterliegen, wirkt dieser Blickwinkel bestimmend für die Aussage: Ich erfahre keine Gewalt, mir geht es gut.
Viele Gesetze schränken in der Tat physische Gewalt in der Familie gegen Frauen ein. Aber mehr nicht! Oft wird argumentiert, es könne sonst Ehe und Familie in Gefahr geraten. Worin könnte denn die Gefahr für Ehe und Familie bestehen, wenn alle Schutz gegen Gewalt genießen, wenn es keine Privilegierten gibt? Solche paradoxen Aussagen sind nicht geeignet, Klarheit und schon gar nicht Verbesserung in gewaltbereite Situationen zu bringen, denn für so manchen Haushaltsvorstand ist schon ein Widerspruch oder gar die Aufforderung zu Dialog und Konsens eine Gefahr für die selbsternannte, ängstlich gehüteten Vor-Rechte.
Alleingelassen, ohne materielle Ausstattung für den (Überlebens-)Kampf, brauchen viele Frauen Instrumente, um sich ohne körperliche Leiden auf weitere Strategien zur Überwindung von Gewalt vorbereiten zu können. Es ist wohlbekannt, und durch wissenschaftliche Studien bewiesen, dass sich gerade die misshandelten und entrechteten Frauen nicht mehr wehren und ihnen ein Bewusstsein für die umfangreichen Persönlichkeitsrechte, die selbstverständlich aus den genuinen islamischen Texten ersichtlich sind, verlorengegangen ist. Leiden wird dann umgemünzt in Duldsamkeit und eine dem Islam fremde Jammertal-Philosophie , wonach der, der geduldig sei, seinen Lohn bei Gott habe. Das kann sich doch nicht auf die Geduld gegenüber Unrecht beziehen. Propagieren nicht gerade wir Muslime den islamischen Grundsatz: Unterdrückt nicht und lasst euch nicht unterdrücken?
Konzeption zur Überwindung von Gewalt in der Beratungspraxis
In der Beratungsarbeit und den Therapiesitzungen wenden wir uns mit den Betroffenen dem Qur’an selbst zu, da ernsthafte Konzepte zur Überwindung von Gewalt für muslimische Mädchen und Frauen von dort ausgehen müssen. Ansonsten haben sie für muslimische Frauen keine Relevanz und keine Handlungsgrundlage. Ein Umstand, der in der Beratungsarbeit nichtmuslimischer Präferenz bei aller Fachkompetenz oft übersehen wird.
Es ist offensichtlich, dass die Behandlung des Themas Gewaltüberwindung in islamischen Gesellschaften (bzw. Familien) eine umfangreiche Bewusstseinsarbeit aller Beteiligten erfordert. Der stärkere sich selbst privilegierende Partner, wird in diese Bewusstseinsarbeit nur ungern einwilligen, zu Beginn auch kaum mit Appellen an göttliche Gerechtigkeit zu gewinnen sein, denn diese glaubt er ja zu vertreten. Es ist daher notwendig, dass die Frauen den erzieherischen Part übernehmen, der ihnen von ihrem Schöpfer zugewiesen wird. (Siehe auch 4.128). Um diese aktive Rolle in der Gesellschaft übernehmen zu können, arbeiten wir mit Frauen an Konzepten von Selbsterkennung und Selbstbehauptung. Frauen lernen nicht nur für sich selbst einzutreten, sondern Verantwortung auch für andere, ihre Kinder, ihre Eltern ihr Umfeld zu übernehmen. Sie lernen auch gesellschaftlich relevante Fragen zu formulieren und Forderungen an die Gemeinschaft zu stellen. Sie lernen die Begriffe qur’anische Gerechtigkeit und präventive Gewaltvermeidung aus authentischen Texten zu erfassen und einzufordern. Sie werden gestärkt, Gewalt nicht zuzulassen. Das alles hat viel mit dem Bewusstsein für den eigenen Wert zu tun und mit Angstfreiheit bzw. Angstminimierung. Der Radius ist enorm und umfassend: Von einem tief verwurzelten Bewusstsein, welches auf einer angeblich angeborenen und einer tatsächlich real erlebten gesellschaftlichen Unterlegenheit ausgeht zu einer selbstverantworteten Ablehnung von Gewalt. Ein wahrhaft mühsamer Weg.
Schwerpunkt der Gesprächstherapien ist es, den Betroffenen das Gefühl für Selbstwert, aufgrund der von Gott verliehener Unverletzlichkeit menschlicher Würde, zu vermitteln und das Wissen zurückzuholen, dass sie Geschöpf der einen Gottheit sind, gewollt, geliebt und (unter)halten durch den göttlichen Willen.
Überwindung von Gewalt bedeutet nicht nur, keine Gewalt zuzulassen, sondern auch, keine Gewalt anzuwenden. Dies muss auch von Frauen mit Gewalterfahrung erlernt werden, denn im Unbewussten wird die alltägliche Macht- und Gewalterfahrung weitergegeben. In dem Maße, in dem Frauen Selbstachtung zurückgewinnen, d.h. sich selbst in einem schmerzhaften Prozess zurückerobern , sind sie fähig, eigene Gewaltbereitschaft zu überwinden. Hierbei unterstützen sie die schöpferischen Aussagen des Qur’ans.
Zentrum für islamische Frauenforschung und Frauenförderung
*Vortrag, gehalten auf einer ZIF-Frauenveranstaltung offener Gesprächskreis“, Gewalt gegen Frauen, Herbst 2000

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/500645940d1334e02.html

Ehen von Muslimen in Deutschland

Ehen von Muslimen in Deutschland – Probleme, Hintergründe und Lösungsansätze
von Dr. Ibrahim Rüschoff

Und es gehört zu seinen Zeichen, dass Er für euch Gefährten geschaffen hat aus euch selbst, damit ihr Ruhe und Geborgenheit in ihnen findet, und er hat Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Wahrlich, darin sind Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (Qur’an 30:21)

Dieses Zitat aus dem Qur’an kennen die meisten Muslime, und es gibt wohl niemanden, der dem nicht zustimmen würde. Der Verwirklichung dieser Prinzipien jedoch scheinen sich in der Praxis einige Hindernisse entgegenzustellen. Was ist zu tun, wenn die Ehe kein Gottesdienst mehr ist, wie ein Hadith sagt.
In vielen Artikeln und Vorträgen wird über sie geschrieben und gesprochen – die islamische Ehe. Doch existiert sie in der Praxis überhaupt? Wenn wir unsere Alltagswirklichkeit anschauen, dann sind die Muslime von Marokko bis Bangladesch so unterschiedlich geprägt und die Kombinationen der verschiedenen Partner in Deutschland so vielfältig, dass wir besser von Ehen zwischen Muslimen sprechen sollten, für die der Islam Grundlage ihres Lebens ist. Daher klammern wir an dieser Stelle auch die Frage religionsverschiedener Ehen aus, so dass der folgende Artikel die gesamte Vielfalt der Situationen sicherlich nicht vollständig erfassen kann. Hinzu kommt, dass die Probleme zumeist sehr individuell geprägt sind. Dennoch möchten wir einige wichtige Grundmuster darstellen, wie sie oft in Ehen von Muslimen (und Nichtmuslimen) zu finden sind, die in Deutschland leben. Anschließend wollen wir unterschiedliche Möglichkeiten der Hilfe besprechen, die sich bei Partnerschaftsproblemen für Muslime ergeben.

Beispiele typischer Konfliktbedingungen

Betrachtet man die in den Leserbriefen der letzten Ausgaben von „Al Islam“ geschilderten Situationen, dann scheint die kulturelle Prägung der Partner oft stärker als die gemeinsame Religion. Wenn man bedenkt, dass in der Kindheitsfamilie lebensbestimmende Erfahrungen gemacht werden, dass das Kind hier am Vorbild von Mutter und Vater lernt, dann ist zu erwarten, dass auch die Ehe der Eltern die eigenen Vorstellungen prägt. Sind nun Muslime aus unterschiedlichen Herkunftskulturen verheiratet, so entstehen auch Erwartungen an die Rolle des Partners, die diesem fremd sind und die er nicht ohne weiteres erfüllen kann. Wenn jemand seine Mutter als stille, angepasste, gehorsame, sich selbst immer hintanstellende Frau kennen gelernt hat, wird er mit einer Frau, die ihre Positionen offensiv vertritt, eher Schwierigkeiten in Auseinandersetzungen haben, zumal, wenn sie durch die gemeinsamen Kinder für den Ehemann auch in ihrer Mutterrolle erlebbar (und vergleichbar) wird. Dazu kommen kulturell überformte Mentalitätsunterschiede. Isländer oder Schotten sind nun einmal anders als Kenianer, auch wenn beide Muslime sind. Wie streng man Kinder erzieht, was gekocht und wie pünktlich gegessen wird, ob ich Bescheid gebe, wenn ich mich verspäte, wie viel Ordnung Zuhause herrschen soll oder wie mit dem Geld gewirtschaftet wird: all das sind Alltagsprobleme genug, selbst wenn beide Partner bemüht sind, sich an Koran und Sunnah zu orientieren. Wie viel schwieriger ist die Situation erst, wenn in der Ehe alte, unislamische Gewohnheiten einreißen, zumeist zu Lasten der Frau, die mit den Kindern ohnehin mehr an das Haus gebunden und so schnell sozial isoliert ist. „Islamische“ Begründungen sind schnell bei der Hand, denn natürlich ist es stets zum Wohl der Frau (?), die beschützt werden muss, wenn sie das Haus nicht verlassen darf.
Ein weiteres Problem ist die Idealisierung der Liebe und der Ehe. Der Liebe wird eine Kraft zugeschrieben, die sämtliche Differenzen und Probleme überwinden zu können glaubt. Die Hoffnung, wenn ich ihn nur richtig liebe, dann wird er sich ändern , wird zumeist bitterböse enttäuscht, wie uns aus der therapeutischen Praxis zu Genüge bekannt ist. Ähnlich wie früher in Europa werden viele Ehen im islamischen Orient mit einer guten Portion Vernunft geschlossen, was deren Stabilität sicherlich zuträglich ist. Das bedeutet aber auch ein Mehr an emotionaler Unabhängigkeit, über die ein Partner, der gefühlsmäßig stark gebunden ist und in dieser Beziehung sein einziges Standbein hat, so nicht verfügt und dadurch sehr verletzbar wird.
Beziehungsprobleme bestehen auch in Ehen, in denen beide Partner dieselbe Nationalität haben . Hier spielen kulturelle Unterschiede offensichtlich nur eine geringe Rolle. Bedeutsam sind eher veränderte Rollen der Partner, das Hinterfragen der heimatlichen Traditionen, die zunehmende Bildung der Frau und – es mag paradox erscheinen – deren zunehmendes islamische Bewusstsein. Während früher häufig der Ehemann der Gebildetere war, was seine Autorität unterstrich, liegen die Verhältnisse heute oft anders. Hinzu kommt die Tatsache, dass viele junge Männer erst als Erwachsene im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland kommen, während die Mädchen hier geboren oder aufgewachsen sind. So ist es nur natürlich, dass die Ehefrauen sich im hiesigen Gesellschaftssystem besser auskennen, die Sprache beherrschen und das Bildungssystem besser durchschauen, was für die Kindererziehung bedeutsam ist. Ernste Probleme können dann entstehen, wenn der Mann einen autoritären Machtanspruch stellt und die Frau ihren Wissensvorsprung nutzt, um diesem entgegenzuwirken. Sie will und kann ihm wegen seines defizitären Wissensstandes nicht den von ihm gewünschten Respekt entgegen bringen, was bei vielen Männern besonders vor dem Hintergrund weiterer migrationspezifischer Probleme wie Arbeitslosigkeit und finanzieller und sozialer Abhängigkeit von der Frau erhebliche Minderwertigkeitskomplexe auslösen kann, die oft in heftige Aggressionen münden und die Ehe ernsthaft belasten.
Selbst wenn man den Werteverfall besonders im Hinblick auf die Begegnung und das Verhältnis der Geschlechter in Europa und Amerika berücksichtigt, hat die Vorstellung, die man sich in islamischen Ländern von der Moral im Westen macht, mit der Realität wenig gemein. Das führt häufig zu einer übertriebenen Eifersucht des Mannes, der davon ausgeht, dass eine im Westen erzogene Frau nicht den heimatlichen Normen und Moralvorstellungen entspricht und er sie daher besonders kontrollieren muss, was die Frau als Misstrauen und mangelnde Liebe deutet. Es ist für viele Männer kaum vorstellbar, dass eine Frau in der deutschen Gesellschaft einem Studium oder Beruf nachgehen und sich frei in der Öffentlichkeit bewegen kann und trotzdem ihren islamisch-moralischen Prinzipien treu bleibt.
Probleme können auch dadurch entstehen, dass junge Männer, die hier aufgewachsen sind, eine Frau aus ihrem Heimatland heiraten. Unterschiedlich kulturell geformt, gehen die Erwartungen oft weit auseinander. Der Mann erwartet nicht selten von seiner Frau totalen Gehorsam, keine Einmischung in seine Angelegenheiten, keine Fragen hinsichtlich seiner Freizeitgestaltung, Freunde usw. Wie alle anderen auch träumt die junge Frau dagegen von Liebe, Zweisamkeit und einer glücklichen Ehe, wozu die Anteilnahme am Leben des Mannes sowie gemeinsame Planungen und Freizeit gehören. Junge Ehepaare in solchen Situationen suchen oft mit den unterschiedlichsten somatischen Beschwerden den Arzt auf, wobei deren seelischer Ursprung oft nicht deutlich und daher auch nicht behandelt wird.
Von großer Bedeutung für die Entstehung von Konflikten ist die zunehmende Veränderung der Rollenverteilung . Auch in muslimischen Familien gerät die klassische Verteilung der Aufgaben aus ihrer alten Ordnung. Während hier die Machtstellung des Mannes von allen Beteiligten kaum in Frage gestellt wird, ändert sich die Situation, wenn die Ehefrau ebenfalls arbeitet und somit zum Unterhalt der Familie beiträgt oder gar alleine das Geld verdient, weil der Mann arbeitslos ist oder nicht arbeiten darf. Wer kümmert sich dann um die Kinder und den Haushalt? Kann das Ehepaar diese Situation als Chance begreifen, die Lebens- und Erfahrungswelt des Partners kennen- und verstehen zu lernen (so anstrengend sind die Kinder und das „das bisschen Haushalt ) oder kommt es dadurch zu Missverständnissen und Auseinandersetzungen? Insbesondere traditionell erzogene Männer tun sich in der Regel schwer, häusliche Aufgaben zu übernehmen. Da Geld auch Macht und Autorität bedeutet, führen auch Fragen des Umganges damit immer wieder zu Problemen, obwohl die Situation aus islamischer Perspektive zumeist völlig klar ist. Eine völlig überarbeitete Schwester berichtete in der Beratung, dass sie neben ihrer Ganztagsstelle als Küchenhelferin abends noch einer Arbeit als Putzfrau nachgeht. Das Geld aus ihrer Vollzeitstelle werde direkt auf das Konto ihres Mannes gezahlt. Sie bekomme für ihre persönlichen Bedürfnisse (Kleidung, Kosmetika etc.) nichts davon. Diese Dinge müsse sie aus ihrer Tätigkeit als Putzfrau finanzieren.
Eine andere Schwester erzählte, dass ihr Mann ihr prinzipiell kein Geld zur Verfügung stelle. Wenn sie etwas benötige, gehe er mit und bezahle selbst.
Der Mann mag sich bei solchem Verhalten nichts Böses denken. Wenn er in der Kindheit in seinem Heimatland gelernt hat, dass seine Mutter immer Zuhause blieb und den gesamten Umgang mit dem Geld dem Vater überließ, so erwartet er dies vielleicht auch von seiner Frau. Diese ist verständlicherweise nicht bereit, in dieser Gesellschaft einerseits zwangsläufig Pflichten des Mannes zu übernehmen und sich andererseits fraglos dessen traditionellen Forderungen zu unterwerfen.
Ein weiteres, sehr wichtiges Konfliktfeld ist die mangelnde Sexualaufklärung beider Partner. Bedauerlicherweise ist in vielen Familien Sexualität ein Tabu, obwohl auch dieses Thema grundsätzlich zu einer guten islamischen Erziehung gehört und in ernster und angemessener Weise angesprochen werden muss. Die Partner, die sich bei der Heirat möglicherweise noch kaum kennen, geraten dann völlig unvorbereitet in eine Situation, von der man nur hoffen kann, dass sie beide ihre Erwartungen und Vorstellungen ansprechen, vorsichtig miteinander umgehen und sich ihre Unsicherheiten eingestehen und gemeinsam ihre Sexualität entwickeln können. Wie in Therapien immer wieder deutlich wird, entfalten die Medien in diesem Bereich geradezu fatale Wirkungen: Sie prägen Erwartungs- und Handlungsmuster, die mit den realen Bedürfnissen der Menschen wenig zu tun haben und oftmals große Enttäuschungen bei den Partnern bewirken.
Die Angst der Männer
Es klingt unglaublich, aber Männer scheinen oft eher ein Scheitern der Ehe zuzulassen als vergleichsweise bescheidene Forderungen ihrer Frauen zu erfüllen, selbst wenn sie diese islamisch begründen kann (z.B. sie nicht zu schlagen, bei eigener Arbeitslosigkeit einen Teil der Hausarbeit zu übernehmen und nicht Zuhause zu liegen, dabei auf pünktliche Essenszeiten zu bestehen und noch über das Geld verfügen zu wollen, das die Frau erarbeitet). Das ist um so erstaunlicher, als sie nach einer Trennung noch schlechter dastehen, als wenn sie den Forderungen der Frau nachgegeben hätten.
Bequemlichkeit und schlechter Charakter mögen in Einzelfällen der Grund sein, für eine befriedigende Erklärung des Phänomens reichen sie jedoch nicht aus. Grundlegend scheint eine tiefverwurzelte Angst zu sein, die selten offen zu sehen ist und noch viel seltener zugegeben wird, weil sie das Image des „starken Mannes“ beschädigen könnte. Wir wollen dies am Beispiel patriarchaler, südländischer (nicht nur islamischer!) Familienstrukturen verdeutlichen, das Problem stellt sich aber auch in westlichen Kleinfamilien. Jeder kleine Mann hat eine Mutter, die ihn nicht nur beschützt und versorgt, sondern mit ihrer mütterlichen Macht auch seinen Freiheitsdrang begrenzt, ihm Dinge verbietet und ihn in gewisser Weise auch steuert. – Nun verfügen in patriarchalen Gesellschaften, in denen die Frauen kaum öffentlichen Einfluss haben, diese dennoch über erhebliche Macht, und zwar über ihre Söhne. Dazu müssen sie jedoch Einfluss auf sie behalten. Schwiegertöchter im Haus wissen davon ein Lied zu singen. Der sonst so sichere und selbstbestimmte Ehemann wird über alle gebotene Höflichkeit und Ehrerbietung der Mutter gegenüber hinaus in deren Gegenwart oft wieder zum kleinen Sohn, der sich auch gegen seine innere Überzeugung wortlos deren Wünschen fügt und dadurch gegenüber seiner Frau in schwere Loyalitätskonflikte geraten kann.
Je mehr ein erwachsener Mann nun in kindlichen Beziehungsmustern zu seiner Mutter steckengeblieben ist, desto mehr wird später eine starke, resolute Frau, die ihre Rechte kennt und auch einfordert, neben unbewussten Erinnerungen an die warme, mütterliche Seite auch eine Abwehr der ungeliebten, steuernden mütterlichen Eigenschaften bei ihm erzeugen. Er wird sich immer wieder versichern müssen, dass er unabhängig und der eigentliche Herr im Hause ist. Hier liegt ein Grund dafür, warum manche Männer ihre Frauen so stark glauben kontrollieren zu müssen.
Viele Männer verbleiben lebenslang in einer Doppelrolle von Pascha-Mentalität und gleichzeitigem kindlichen Versorgungsanspruch, ein seit Kinderzeiten bestehender, unlösbarer Rollenkonflikt, den die Mütter aus den o.g. Gründen oft sogar gefördert haben bleibe mein kleiner Prinz, aber werde ein starker Mann.
Schafft es ein Mann, gegen eigene, aus der Kindheit übernommene und verinnerlichte Rollenklischees anzugehen, wird er sich auch noch mit seinen Bekannten und Freunden auseinandersetzen müssen, die ihr eigenes Verhalten in Frage gestellt sehen. So ist die Angst vor Gesichtsverlust im kulturell gleich geprägten Bekannten- und Freundeskreis ein weiterer wichtiger Grund für die Schwierigkeit, das Verhalten zu ändern.
Die Angst der Frauen
Da zu einer Beziehung immer mindestens zwei gehören, müssen wir auch fragen, wie sich die Situation der Frauen in ehelichen Konflikten darstellt und welche Hintergründe dabei eine Rolle spielen. In einigen Fällen scheint die Haltung der (nicht nur muslimischen) Frauen regelrechte masochistische Züge aufzuweisen. Sie ertragen mit endlos scheinender Geduld Erniedrigungen, Entwürdigungen und nicht selten auch massive Prügel. Machen sie etwas falsch? Woher kommen ihre Ängste? Warum geraten zumeist sie und nicht die Männer in die Opferrolle und lassen sich manchmal in unvorstellbarem Maß ausnutzen? Obwohl jeder Fall anders liegt und individuell betrachtet werden muss, wollen wir einige Punkte nennen, die in solchen Situationen oft eine große Bedeutung besitzen. Bei konvertierten Schwestern spielt die starke soziale Abhängigkeit vom Ehemann eine große Rolle. Durch ihren Übertritt zum Islam und ihre Heirat mit einem Ausländer hat sie oft ihre Familie und Freunde verloren. Daher ist ihre Angst groß, ihren Mann als einzigen sozialen Halt auch noch zu verlieren. Außerdem würden sich die Vorbehalte der Familie und der Freunde gegen den Islam und den Ehemann bestätigen. So erträgt sie Situationen, die sie unter anderen Umständen keinesfalls akzeptieren würde. Da diese Schwestern zumeist sehr bemüht sind, gute Muslimas zu sein, sind sie durch den Vorwurf, sich nicht islamisch zu verhalten, sehr verletzbar. Diese Angst wird immer wieder von Männern benutzt, ihre Frauen unter Druck zu setzen. Was „islamisch“ ist, definiert natürlich der Ehemann, dessen Verständnis von Islam allerdings oft mit traditionellen Vorstellungen seiner Herkunftskultur eng verflochten ist.
Einer Frau fällt es überhaupt schwerer, ihre Ehe aufs Spiel zu setzen, da sie zumeist die stärkere Bindung zur Familie hat, die ja ihre Lebenswelt darstellt. Während sie in der Regel für die häuslichen Aufgaben zuständig und durch Geburt, Erziehung und Pflege der Kinder stärker an die Familie gebunden ist, lebt der Mann auch stark außenorientiert. Das Zuhause ist nicht seine gesamte Lebenswelt, sondern nur ein Teil davon. Dazu gehören die Arbeit, Freunde, die Moschee usw. Die starke emotionale Bindung der Frauen an die Familie ist zwar islamisch gewollt und sinnvoll, hemmt sie jedoch auch durch eine tiefverwurzelte Angst, ihr Nest in Gefahr zu bringen, Konflikte und Unstimmigkeiten mit dem Mann früh genug in der notwendigen Klarheit anzusprechen und durchaus auch auf ihren (oft islamisch begründeten) Standpunkt zu bestehen. Manchmal müssen nur die Grenzen geklärt werden. Ich lasse mich nicht schlagen.In meinem Verantwortungsbereich möchte ich meine Entscheidungen selbst treffen . Auch die Männer sind im Nachhinein froh, wenn Konflikte bereinigt werden, bevor sie sich verselbständigen.
Vor allem orientalische Frauen haben oft eine ambivalente Einstellung zur Gewalt . Wo beginnt Gewalt? Wie viel soll sie ertragen? Was wird gesellschaftlich von ihr erwartet? Orientalische Weisheiten wie & Eine Ohrfeige ist ein Liebesbeweis des Mannes , Eine Frau muss durch Prügel gefügig gemacht werden oder auch Trostworte wie Allah belohnt deine Geduld im Jenseits und bestraft den Ehemann hat die junge Frau kulturell verinnerlicht und lässt sie kleinere Gewalttaten hinnehmen, was sie jedoch in einen Teufelskreis bringt, da sie schon zu Beginn keine Grenzen setzt und eine Opferhaltung einnimmt und auf diese Weise Gewalt und Grenzüberschreitungen durch den Mann zulässt und in gewisser Weise auch mit provoziert.
Auch problematische Ehen haben zumeist positive Seiten und Männer, die impulsiv und aggressiv reagieren, können oft auch liebevoll, fürsorglich und zärtlich sein. So neigen manche Frauen dazu, Prügel und andere Gewalt in Kauf zu nehmen, um die guten Seiten des Mannes nicht zu verlieren. Es ist auch entlastend, einen „starken Beschützer“ (?) zu haben, doch um welchen Preis? Die Männer lernen jedoch daraus, dass sie ihre Ausschreitungen immer wiedergutmachen können, wenn sie sich danach nur liebevoll genug verhalten. So hat ihr unangepasstes und unislamisches Verhalten keine negativen Konsequenzen, und es entsteht kein Bedürfnis, daran etwas zu ändern.
Die Angst der Frauen resultiert auch aus der Tatsache, dass ihr oft die Schuld am Scheitern der Ehe gegeben wird. In vielen Familien gilt es immer noch als Schande, wenn die Frau den ersten Schritt zur Trennung macht. Sie ist es zumeist, die die gemeinsame Wohnung verlassen muss, weil sie die Situation nicht mehr ertragen kann und dies der einzige Weg ist, der seelischen und körperlichen Gewalt zu entkommen. Sie , die oft genug die Ehre der Familie alleine tragen muss, ist dann die Böse und muss mit den schwierigen Lebensumständen allein zurecht kommen, was auf Kosten ihrer psychischen Gesundheit und der Erziehung der Kinder geht.
In vielen Fällen ist das Aushalten einer (ausländischen) Frau in einer unerträglichen Situation keine Frage einer komplizierten Psychologie, sondern schlicht Folge ihrer rechtlichen Abhängigkeit . Ließen der Mann oder sie sich scheiden, hätte sie nicht ohne weiteres ein eigenes Aufenthaltsrecht und müsste möglicherweise mit Abschiebung rechnen. Im Heimatland hätte sie dann die Schmach einer Versagerin zu ertragen, abgesehen von der Frage, ob sie einen neuen Mann fände.

Lösungsmöglichkeiten
Die Problemlagen variieren mit dem Einzelfall und sind so vielfältig, dass es schwierig ist, allgemeine Lösungen anzubieten. Dennoch lassen sich einige wichtige Grundsätze aufstellen, die jeder, der sich verheiratet, beachten sollte:
Ein besonderes Kennzeichen des Islam ist sein Realismus. Daher sollten wir sehr realistisch prüfen, wen wir heiraten. Partner aus islamischen (?) Ländern haben auch einen orientalisch geprägten kulturellen Hintergrund, der es ihnen u.U. schwer macht, direkt zum Geist von Koran und Sunnah zu kommen. Europäische Muslime haben zumindest in dieser Hinsicht oft weniger Schwierigkeiten. Daher ist es sinnvoll, eine Zeitlang im Kulturbereich des künftigen Partners zu leben (vielleicht bei der Schwester des Bräutigams oder im Umfeld der Familie) oder oft dorthin zu reisen, den Lebensalltag zu erfahren und die Sprache zu lernen, auch wenn man später in Deutschland leben will. Vieles lässt sich dann später besser verstehen.
Wichtig ist weiterhin der Abschluss eines Ehevertrages. Hier bestehen manchmal Hemmungen, so als sei der Wunsch danach ein Akt des Misstrauens gegen den Partner. Trotz aller islamischer Grundlagen muss sich dieser Vertrag am Heimatrecht des Partners orientieren. Seine eigene rechtliche Situation im Land des Partners zu kennen, ist unbedingt notwendig, auch wenn man dort nicht leben will und nur häufig zu Besuch ist.

Wenn möglich, suche man Kontakt zu Menschen in der gleichen Situation (z.B. Ehepartnern aus demselben Kulturkreis) und profitiere von deren Erfahrungen.
Wohin können sich Muslime mit Partnerproblemen wenden?

In zahlreichen Ahadith wird berichtet, dass Frauen und Männer zum Propheten (Friede mit ihm) kamen um sich bei Fragen und Schwierigkeiten in ihrer Ehe Rat zu holen. Diese Beispiele zeigen, dass wir als Muslime mit ruhigem Gewissen fremde Hilfe bei der Lösung unserer Probleme in Anspruch nehmen können. In manchen Fällen ist es geradezu unsere Pflicht, uns von Fachleuten beraten zu lassen, weil dadurch vielleicht doch noch eine Familie erhalten werden kann.
Im Folgenden möchten wir einige Möglichkeiten der Hilfe und jeweils Stärken und Schwächen benennen. Von grundsätzlicher Bedeutung sind Gespräche zwischen den Ehepartnern über ihre gemeinsame Situation. Wenn ich nicht weiß, was der andere mag oder nicht, was er denkt und fühlt und wie er mein Verhalten erlebt, dann mache ich viel falsch ohne es zu wissen oder gar zu wollen. Auch Schwierigkeiten sollten in Ruhe normal“ außerhalb von Situationen besprochen werden, in denen sie aufzutauchen pflegen. Auch Gespräche mit einer engen Freundin oder engem Freund wirken oft entlastend und verschaffen einen anderen Umgang mit dem Problem.
Es braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden, dass die Familie im Islam eine wichtige Institution ist, die bei Alltagsproblemen zuerst um Hilfe gefragt werden sollte. Wie weit jedoch wirkliche Hilfestellung gegeben werden kann, hängt sehr von der menschlichen und islamischen Qualität der führenden Familienmitglieder ab. Die engen Beziehungen untereinander belasten besonders bei größeren Problemen alle Beteiligten gefühlsmäßig sehr und verstellen einen offenen Blick. Die gut gemeinte Hilfe erschöpft sich häufig in Vorwürfen und Ratschlägen, nach der inneren Motivation der Beteiligten wird wenig bis gar nicht gefragt. Bei schweren Verstößen besteht die Gefahr, dass sie des Rufes der Familie wegen, unter der Decke gehalten oder sogar legitimiert werden.
Die Hilfe eines Gelehrten oder Hocas kann hier eine Alternative sein, da jemand, der außerhalb des Systems Familie steht, für beide Seiten sehr viel offener ist und so auch eher Vertrauen gewinnen kann. Leider verfügt er zumeist nicht über eine spezielle beraterische oder gar therapeutische Ausbildung, so dass alles vom menschlichen Geschick des Einzelnen abhängt, zumal das Problem nicht einfach mit Hinweisen auf Koran und Sunnah zu lösen ist, denn wie es eigentlich sein müsste, wissen die Beteiligten oft selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Hocas sich nur im Umfeld der Moschee aufhalten, wenig Deutsch sprechen und das Lebensumfeld des deutschen Partners nicht kennen. Übersetzungen durch den beteiligten Ehemann sind natürlich äußerst unglückliche Umstände. Auch ist der Hoca/Gelehrte zumeist ein Mann, was vielen Frauen den Zugang erschwert.
Findet man einen muslimischen Therapeuten , der den Islam im Leben auch praktiziert, kann man auf islamische und therapeutische Hilfe hoffen. Bisher sind solche Geschwister allerdings noch rar gesät, doch nimmt ihre Zahl langsam zu. Allerdings sollte man auch hier nicht zuviel erwarten: Kenntnisse von Kultur und Sprache sind oft unumgänglich und leider nur gelegentlich gegeben (z.B. bei türkischen oder arabischen Therapeuten). In diesem Fall sind die Voraussetzungen natürlich optimal.
Viele Beratungsstellen (so die Arbeiterwohlfahrt) haben muttersprachliche Berater eingestellt. So unverzichtbar diese bei nicht ausreichend deutsch sprechenden Ratsuchenden sind, so unterschiedlich ist deren Haltung, wenn es sich bei Ihren Klienten um praktizierende Muslime handelt. Erfahrungsgemäß ist kaum jemand dieser Berater praktizierender Muslim, teilweise findet sich sogar eine aggressive Ablehnung des Islam als Integrationshindernis. Dennoch sollte man bei Sprachproblemen und fehlenden anderen Möglichkeiten unbedingt einen Versuch machen, da es natürlich eine große Zahl guter Berater gibt, die sehr qualifiziert arbeiten.
Für die meisten Ratsuchenden, die professionelle Hilfe benötigen, werden auch in nächster Zukunft die Ehe- und Lebensberatungsstellen in freier Trägerschaft die einzige Möglichkeit sein. Die Beratungsstellen der Kirchen (Caritas und Diakonie) werden häufig von ratsuchenden Frauen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft aufgesucht. Die Berater berichten immer wieder von ihrer Hilflosigkeit, versuchen jedoch ihr Bestes. Sie sind beraterisch meistens sehr qualifiziert, was auch verhindern hilft, dass sie unreflektiert mit ihrer eigenen Religiosität umgehen. Soweit keine besonderen Sprachbarrieren bestehen, sollte man einen Versuch ruhig wagen und auch die Bedenken ansprechen.
Für allgemeine Informationen und Kontakte sind Zusammenschlüsse von Menschen in ähnlichen Problemlagen wie z.B. die IAF e.V. (Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Zentrale in Frankfurt) hilfreich. Diese besitzt zwar keine speziell islamische Ausrichtung, ist jedoch auf dem Gebiet bi-kultureller Ehen sehr kompetent. Hier kann man spezielle juristische und andere wichtige Informationen bekommen (z.B. zum Aufenthalt), außerdem können Mitarbeiter evtl. Anlaufstellen empfehlen.
Kann ein Muslim zu einem nichtmuslimischen Berater/Therapeuten gehen?
Aus unserer Sicht sind nichtmuslimische Berater/Therapeuten für praktizierende Muslime nicht optimal und bleiben bis auf weiteres eine Art Notlösung . Der Islam ist in der Lebenspraxis so verwurzelt und durchdringt diese in einem so großen Maße, dass selbst ein muslimischer Berater immer wieder die Hilfe von Gelehrten und Kollegen benötigt. Nichtmuslime dürften in der Regel schnell überfordert sein.
Trotz dieser Bedenken und Einschränkungen müssen wir als muslimische Therapeuten die Frage mit Ja beantworten. Zwei Gründe sind dafür entscheidend: Ein guter nichtmuslimischer Therapeut kann seine Unkenntnis bzgl. des Islam leichter ausgleichen bzw. sich Hilfe holen als ein schlechter muslimischer Therapeut seine therapeutischen Defizite. Mitfühlen allein ist in unserem Fach nicht ausreichend. Weiterhin zeigt die Erfahrung, dass die Klienten oft selbst wissen, wie fragwürdig bis falsch ihr Verhalten im Licht von Koran und Sunnah ist und wie es aus islamischer Sicht eigentlich richtig wäre. Wie die therapeutische Praxis zeigt, sind die Probleme in Ehen von Muslimen zumeist allgemeiner Natur und kommen auch in nichtislamischen Partnerschaften häufig vor. Sie erfahren durch den Islam jedoch eine spezielle Ausprägung, der im Alltag den Schauplatz darstellt, auf dem sie ausgetragen werden.
Ein guter Therapeut wird die Lebenswelt des Klienten immer als dessen eigene respektieren, auch wenn er sie nicht teilt oder zu Beginn einer Therapie noch nicht kennt. Er wird das Kopftuch oder bestimmte islamische Verhaltensweisen in der Ehe nicht einfach als schädlich oder überflüssig bezeichnen, sondern dem Klienten helfen, dass sein Handeln nicht von unbewussten, sich immer wieder aufdrängenden Motiven wie z.B. Angst oder Wut bestimmt wird, sondern von möglichst freien, eigenen und dadurch vor Gott zu verantwortenden Entscheidungen. Eigenverantwortlichkeit ist das Ziel, letztlich entscheidet immer der Klient.
Vorbeugen ist stets die beste Maßnahme gegen Schwierigkeiten. Wer im Vorfeld überlegt, was er tut, vermeidet viele Probleme und viel Leid. Vertrautheit mit der Lebenswelt des Partners, seiner Herkunftskultur und seiner Sprache sowie ein vernünftiger Ehevertrag schaffen gute Voraussetzungen für ein Gelingen der Ehe.
Treten Probleme auf, müssen sich Lösungen am Islam orientieren. Es kann kein allgemeines Ziel sein, Ehen dadurch zu retten , dass ein Partner (zumeist die Frau) auf jegliche Verwirklichung ihrer eigenen Lebensziele verzichtet und sich in allem am Mann und dessen Bedürfnissen orientiert. Frauen müssen (mit Unterstützung aller) ihre vom Islam gewährten Rechte wahrnehmen , auch wenn erheblicher Gegendruck seitens mancher Männer zu befürchten ist. Wie viel jede dabei zu tragen vermag, muss im persönlichen, vertrauensvollen Gespräch geklärt werden. Schon die Möglichkeit, ein Problem zu besprechen, schafft bereits ein wenig innere Distanz und kann helfen, zu einer anderen Betrachtungsweise der Situation zu gelangen. Erst Frauen mit einer stabilen islamischen Identität können darauf verzichten, ihre Söhne (und damit die späteren Männer) abhängig zu halten und positive, glaubwürdige Identifikationen für ihre Töchter bieten. Und Söhne können lernen, dass von starken Frauen nicht zwangsläufig eine Gefahr ausgeht.
Wenn man den Alltag betrachtet, sind die benachteiligten zumeist die Frauen. Doch nicht nur sie, sondern auch die Männer benötigen Hilfe zur Bewältigung ihrer Situation. Leider nehmen sie diese aus vielerlei Gründen seltener an. Der Verzicht auf stereotype, einseitige Schuldzuweisungen durch die Frauen und das ermutigende islamische Beispiel anderer Männer machen es ihnen vielleicht leichter. Männer sind nicht allesamt immer nur Bösewichter und Frauen nicht allesamt immer nur Opfer.
Den Risiken einer bi-kulturellen Ehe haben wir als Muslime eine beiden Partnern gemeinsame Orientierung entgegenzusetzen, den Islam. Er ist für Männer und Frauen Richtschnur und macht beiden Partnern deren Rechte und Pflichten, also Möglichkeiten und Grenzen ihres Verhaltens, deutlich, was ein wichtiges und wirksames Mittel gegen Machtmissbrauch darstellt. Es muss aber auch deutlich gesagt sein, dass gerade für deutschstämmige Muslime bikulturelle Ehen eine große Bereicherung des islamischen Lebens darstellen und die Partner viel voneinander lernen können (nicht nur Arabisch, Koran und Sunnah).

Wir haben mit großer Hoffnung die Entstehung der Diskussion um dieses wichtige Thema verfolgt. Wie so häufig sieht man zumeist nur das Auffällige, Problematische und Spektakuläre, doch es ist dennoch vorhanden, selbst wenn wir es oft nicht wahrhaben wollen. Fassen wir den Kampf dagegen als Jihad auf. In der Islamischen Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe , in der die beiden Autoren mitarbeiten, werden wir uns in der nächsten Zeit verstärkt mit diesem Thema beschäftigen.

Bei allen Problemen, die uns täglich begegnen, sollten wir allerdings die vielen muslimischen Ehen, die gelingen und eine wichtige Basis unserer Umma darstellen, nicht vergessen. Muslime sind sicherlich generell keine schlechteren Eheleute und Eltern als andere Menschen. Was wir benötigen, sind Gottvertrauen (taqwa) und geduldige Beharrlichkeit (sabr). Unsere Religion lehrt uns diese Eigenschaften, damit wir unserer wichtigsten Aufgabe auf dieser Erde ein Stück näher kommen: Gott zu dienen.

Wenn ein Diener Allahs heiratet, dann hat der die Hälfte seines Glaubens vollzogen, und dann soll er Allah in der anderen Hälfte fürchten. (Al Bayhaqi)

von Dr. Ibrahim Rüschoff

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/500645940e0bea401.html

Frauen und die islamische Bewegung

Frauen und die islamische Bewegung
Yusuf al-Qaradawi

>1. Die Verbreitung von Hardliner-Vorstellungen

Ich muss ganz offen sagen, dass der islamische Aktivismus die Bühne der Verbreitung von Hardliner-Vorstellungen geworden ist, die jetzt die Beziehung zwischen Mann und Frau beherrschen, wobei manche die strengsten Meinungen, die jemals dazu gefunden wurden, übernehmen. Dies habe ich selbst auf vielen Konferenzen und Symposien sogar in Europa und den Vereinigten Staaten gesehen. In den 1970ern besuchte ich in vielen Jahren jährliche Konferenzen der Muslimischen Studentenunion (Muslim Student Union) in den Vereinigten Staaten und Kanada. Sowohl Männer als auch Frauen nahmen an den Vorträgen und Diskussionen teil und hörten den Kommentaren, Fragen, Antworten und Diskussionen zu jedem islamischen Thema zu, einschließlich der akademischen, gesellschaftlichen und politischen Themen. Die einzigen Sitzungen, die nur für Frauen waren, waren jene, die Fragen behandelten, die nur Frauen betrafen.

In den 1980ern jedoch, besuchte ich einige Konferenzen in den Vereinigten Staaten und Europa und bemerkte, dass Frauen von einem großen Teil der Vorlesungen und Diskussionen ferngehalten wurden. Manche Frauen beklagten sich darüber, dass sie die ständigen Vorlesungen über die Rolle und Pflichten der Frau satt hatten und betrachteten die ständige Wiederholungen dieser Vorträge, denen sie zuhören mussten, schon als eine Art Strafe. Ich verurteilte dies bei mehr als einer Konferenz, die ich besuchte und teilte den Organisatoren mit, dass das Dabeisein zum Gottesdienst und zum Aneignen von religiösem Wissen gehört und dass es niemals im Islam Moscheen gegeben hat, die nur für Frauen und andere, die nur für Männer reserviert waren. Zur Zeit des Propheten besuchten auch Frauen die Sitzungen, in denen der Prophet den Muslimen die Religion lehrte. Die Frauen nahmen auch gemeinsam mit den Männern am Freitagsgebet, den beiden Festgebeten und anderen Gemeinschaftsgebeten teil. Sie fragten auch detaillierte Fragen über Frauenangelegenheiten ohne durch ihre Schüchternheit vom Erlernen der Religion abgehalten zu werden. Dies wurde von Aischa (möge Gott mit ihr zufrieden sein) selbst berichtet. Die Bücher der Sunnah sind voll von Fragen, die von Frauen an den Propheten gerichtet wurden und schließt auch Fragen von Frauen ein, die nur sie selbst betrafen und solche von Frauen, die eine Frage im Namen aller Frauen an den Propheten richteten, wie die Frau, die sagte: „Oh Gesandter Gottes, ich wurde zu Dir von den Frauen geschickt …

Frauen baten den Propheten auch, einen gesonderten Tag für sie zu reservieren, an dem sie dem Propheten Fragen stellen konnten ohne von den Männern gestört zu werden. Dies war ein besonderes Privileg, das den Frauen gegeben wurde, zusätzlich zu den öffentlichen Vorträgen, die sie gemeinsam mit den Männern besuchten.

2. Das Problem der islamischen Frauenarbeit Das Problem an der islamischen Frauenarbeit ist, dass es Männer sind, die sie leiten, nicht die Frauen selbst; und Männer achten darauf, dass sie es im Griff behalten, so dass weibliche Führungskräfte nie wachsen können. Männer drängen sich in der islamischen Frauenarbeit auf, sogar bei Frauentreffen, als ob die Schüchternheit zurückhaltender muslimischer Frauen ausbeuten würden und erlauben ihnen nie, ihre eigenen Angelegenheiten in ihre Hände zu nehmen. Auf diese Weise wird weiblichen Talenten nie eine Chance gegeben, ihre Fähigkeiten zu beweisen oder sie können nie durch Fehler in der Schule des Lebens lernen.

Allerdings sind unsere muslimischen Schwestern nicht ganz frei von jeder Mitschuld. Sie haben sich diesem bedauernswerten Zustand selbst unterworfen, indem sie sich mit einem bequemen Leben zufrieden geben, in dem Männer für sie denken und auswählen. Es ist höchste Zeit, dass sie die Initiative ergreifen und die Türen der eigenen Bemühung öffnen. Im letzten Jahr wurde ich zu einem Vortrag vor Studentinnen in Algier eingeladen. Wie es nach solchen Vorträgen üblich ist, nahm ich Fragen von den Mädchen entgegen, die mir in schriftlicher oder mündlicher Form zugeleitet wurden. Einige junge Männer waren anwesend und einer von ihnen nahm die Fragen, sortierte sie aus und gab mir jene weiter, die er fand, dass sie beantwortet werden sollten und ließ jene weg, die seiner Meinung nach nicht beantwortet werden sollten. Ich kritisierte dieses Verhalten und sagte zu ihm: „Warum lässt Du dies nicht eines der Mädchen tun? Warum müsst ihr Männer immer Eure Nasen in die Angelegenheiten der Frauen stecken? Lasst sie tun, was sie wollen und lasst sie die Fragen selbst aussortieren und dann vorlesen , sagte ich. Es war, als ob ich den Mädchen eine schwere Last abgenommen hätte und eine kam schnell nach vorne um die Rolle eines der Männer, einzunehmen.

Quelle: Islamic News and Information Network (inin@inin.net)<
Übersetzung aus dem Englischen von Vanessa Steinmayer

Quelle: http://www.huda.de/frauenthemen/500645940e0bff703.html

Erbschaft im Islam

Eine Quelle bedeutender Differenzen sowohl innerhalb, als auch außerhalb der muslimischen Gemeinschaft, ist das islamische Erbschaftsgesetz. Dieses Gesetz ist eigentlich ein fortlaufender Prozess der Interpretation qur’anischer Regeln und Prinzipien, um die komplexen Gesetze für Erbschaftsangelegenheiten im Islam herauszuarbeiten. Es ist ein dynamischer Prozess, der – basierend auf speziellen Texten im Qur’an und in der Sunnah unseres Propheten Muhammad -, in jedem islamischen Zeitalter von muslimischen Gelehrten hinsichtlich sich ändernden Schwerpunkten und Zeiten, weiter diskutiert wird.

Bevor wir uns näher mit diesem komplizierten und streitbaren Thema befassen, sollten wir zuerst bewusst machen, dass der Islam die Erbschaftsrechte der Frauen revolutionierte. Vor der Offenbarung des Qur’an und im Westen sogar bis vor noch gar nicht so langer Zeit konnten Frauen nicht von ihren Verwandten erben. Zumindest in Arabien wurden sogar Frauen selbst vererbt, so als ob sie Eigentum wären, das es beim Tod eines Ehemannes, Vaters oder Bruders zu verteilen galt. So kam es, dass der Islam die Stellung der Frauen in einer noch nie da gewesenen Art und Weise allein dadurch änderte, dass im Qur’an klar bestimmt wird, dass Frauen das Recht haben, selbst zu erben. Im Qur’an heißt es:
Die Männer sollen einen Anteil an dem Haben, was ihre Eltern und Kinder hinterlassen, und die Frauen sollen einen Anteil an dem haben, was ihre Eltern und Kinder hinterlassen. (Qur’an 4:7) Es ist also keine Frage, ob Frauen überhaupt erben können. Die Differenzen konzentrieren sich vielmehr auf den zu erbenden Anteil.

Im gleichen Abschnitt des Qur’ans folgt weiter eine detaillierte Beschreibung, wie Eigentum in Abhängigkeit von der Anzahl der Verwandten des Erblassers und dem Grad der Verwandtschaft zum Erblasser, zu verteilen ist. (Siehe Qur’an 4:11) Die Anordnung, dass ein männlicher Verwandter den gleichen Anteil erhält, wie zwei weibliche Verwandte, bezieht sich nur auf den Fall, dass Kinder von ihren Eltern erben. Erben z.B. Eltern von einem verstorbenen Kind, dann erbt jeder von ihnen1/6 des Eigentums, wenn das verstorbene Kind ein eigenes noch lebendes Kind hat. In diesem Fall erhalten Vater und Mutter den selben Anteil. In den folgenden Versen wird dann festgelegt, was die Mutter erhält, wenn das verstorbene Kind keine oder mehrere Kinder hinterlassen hat. Vermutlich erben Vater und Mutter in solchen Situationen den selben Anteil. Andererseits ist es sinnvoll, dass ein Bruder das doppelte des Anteils der Schwester erhält, da er nach Auslegung des islamischen Gesetzes dazu verpflichtet ist, für ihren Unterhalt aufzukommen.

Unter Berücksichtigung, dass diese Verse vor über 1400 Jahren in Arabien offenbart wurden, als Frauen keine andere finanzielle Sicherheit hatten, als das, was ihnen von den Männern zur Verfügung gestellt wurde, demonstrieren diese Verse den Schutz und Respekt, der der Einheit der Familie entgegen gebracht wurde und stellten sicher, dass die Rechte der Frauen auch in Zukunft geschützt würden. Brüder, die Schwestern haben erhalten also größere Anteile als ihre Schwestern, sind jedoch gleichzeitig gesetzlich verpflichtet, einen Teil ihres Vermögens für diese Schwestern auszugeben.

In der islamischen Wissenschaft wird viel über das Thema Erbschaft diskutiert. Es gibt Gelehrte, die den Standpunkt vertreten, dass diese Regeln nur dann Anwendung finden, wenn der Verstorbene kein Testament hinterlassen hat, und dass diese Aufteilung durch ein Testament geändert werden kann. Vermutlich wird dabei das Testament analog wie eine Schuld behandelt und hat somit Vorrang vor jeder anderen Auszahlung von Eigentum. (Siehe Qur’an 4:11; Fathi Osman Muslim Women in the Family and in the Society, at 24-25.)
Außerdem sagt eine Überlieferung unseres Propheten Muhammad, dass jede(r) bis zu einem Drittel ihres (seines) Eigentums, als Ausgleich für geschlechtsbedingte Standard-Auslegungen, nach Belieben vermachen kann. (Es sollte hier bemerkt werden, dass eine Mehrzahl der sunnitischen Denkschulen sagt, dass der 1/3 Anteil nicht natürlichen Erben vermacht werden kann; andere jedoch, einschließlich der schiitischen Denkschule, stimmen dieser Einschränkung nicht zu.) Überdies können Eigentumsüberschreibungen bereits zu Lebzeiten des Erblassers gemacht werden.

Die Mehrheit der Denkschulen stellt fest, dass diese Verse eine Anleitung sein sollen, für wen vorgesorgt werden soll und in welchem Ausmaß. Außerdem gibt es Gelehrte, die behaupten, dass diese Gesetze nur in einem islamischen Rechtssystem und unter islamischer Regierung anwendbar sind, da nur dort eine Frau die Möglichkeit hätte gegen einen Verwandten, der verpflichtet wurde für sie zu sorgen und dieser Verpflichtung nicht nachkam, rechtlich vorzugehen. Manche vertreten den Standpunkt dass, in Gesellschaften, wo das vollständige islamische Gesetz nicht angewandt wird, wo die Rechte der Frauen also nicht wirksam durchgesetzt werden, die Muslime sich dem Sinn des Gesetzes – der Gerechtigkeit zuwenden sollten, um so Wege zu finden, dieses Ziel zu erreichen. Dies gilt besonders dort, wo Muslime eine Minderheit bilden, wie in den USA (oder auch Europa, Anm. d. Übers.).
Muslimische Gelehrte, Gesetzgeber/innen und Forscher/innen müssen und haben schon begonnen sich mutig dieser Angelegenheit zu widmen, um sich auf diese Ansprüche zu konzentrieren. Die islamischen Erbschaftsgesetze sind, wie alle Angelegenheiten im islamischen Gesetz, ein dynamischer Prozess, der auf die vielen Anforderungen und Chancen, die eine sich verändernde Welt bietet, reagieren muss.

Mit freundlicher Erlaubnis von „Muslim Womens League, übersetzt von Zainab Sautter)

Quele: http://www.huda.de/frauenthemen/500645940e0c02405.html

Genitalverstümmelung

HUDA – Stellungnahme zum Thema Genitalverstümmelung

HUDA – Netzwerk für muslimische Frauen e.V. sieht die weibliche Genitalverstümmelung als Körperverletzung an, die keine rechtliche Grundlage im Islam hat. Daher wendet sich HUDA – Netzwerk für muslimische Frauen e.V. gegen Genitalverstümmelung und will zu diesem Thema aufklären.

Wäre die Genitalverstümmelung eine qur’anische Pflicht, so würde sie der Qur’an gebieten oder empfehlen. Über diese Unsitte ist jedoch keinerlei Hinweis im Qur’an zu finden – im Gegenteil, der Qur’an im gesamten Kontext betrachtet schützt die Schwächeren der Gesellschaft und ermahnt die Männer in Sure 2:223 „Gutes vorauszuschicken, bevor sie zu ihren Frauen gehen“. Das Sexualleben der Eheleute wird im Islam als etwas sehr Positives betrachtet, und aus Überlieferungen des Propheten Muhammad geht hervor, und darin sind sich die Gelehrten einig, daß der Frau das gleiche Recht auf sexuelle Befriedigung zusteht, wie dem Mann.

Der angebliche Ausspruch des Propheten Muhammad, daß er einer Beschneiderin sagte sie solle nicht zu viel abschneiden, daß sei besser für die Frau, gab immer wieder Anlaß zu Diskussionen vor allem in der schafi’itischen Rechtsschule.

Halima Krausen, Islamwissenschaftlerin am Islamischen Zentrum in Hamburg legt den historischen Zusammenhang so dar: Während die Beschneidung von Knaben und Männern eine Sunna ist, die bis zu den Propheten Abraham, Ismail und Isaak zurückgeführt wird, ist die Beschneidung von Mädchen und Frauen eine Sitte, die aus Afrika stammt, wo sie schon in altägyptischen Schriften belegt ist, und deren ursprünglicher Sinn nicht mehr eindeutig ermittelt werden kann, im Gegensatz zur Knabenbeschneidung, die ein Zeichen des Bundes mit Allah war und bestimmte hygienische Vorzüge hat. Im größten Teil der islamischen Welt ist die Mädchenbeschneidung/Genitalverstümmelung völlig unbekannt, während sie dort, wo sie verbreitet ist, weitgehend unabhängig von der Religionszugehörigkeit (z.B. auch bei ägyptischen Christen) praktiziert, aber dennoch oft als „islamische Sitte“ angesehen wird.
Ein schwerwiegender Einwand dagegen ist der, daß aus islamischer Sicht Männer und Frauen grundsätzlich im Rahmen des Möglichen ein Recht auf sexuelle Befriedigung haben und sich nach der Lehrmeinung der meisten Rechtsschulen Frauen ohne weiteres aus einer unbefriedigenden Partnerschaft lösen können. Einige Formen der „Beschneidung“ erschweren die Befriedigung sehr, andere machen sie ganz unmöglich, und wieder andere (speziell die sog. „Pharaonische Beschneidung“) machen sowohl den Geschlechtsverkehr als auch die Geburt von Kindern zu einer größeren chirurgischen Aktion. Der Widerspruch zu den islamischen Prinzipien ist offensichtlich. Hinzu kommen bei den schwereren Formen der Beschneidung/Genitalverstümmelung noch abergläubische Vorstellungen, die im Islam keinen Platz haben.

Somit wurde die Mädchenbeschneidung/Genitalverstümmelung auch immer wieder verboten, sowohl von Gelehrten und muslimischen Behörden als auch von nichtmuslimischen Kolonialverwaltungen. Dies traf allerdings auf den Widerstand der Bevölkerung, sowohl der Männer, die nicht bereit gewesen wären, eine unbeschnittene Frau zu heiraten, weil sie von ihr eine Neigung zur Treulosigkeit erwarteten, als auch der Frauen, die eine unbeschnittene Frau eher für einen „halben Mann“ hielten, und natürlich der Hebammen, die solche Eingriffe gegen Bezahlung durchführten. Die Praxis verlagerte sich vor allem bei den ärmeren Bevölkerungsschichten immer mehr in den Untergrund, wo durch Unwissenheit und primitive, unhygienische Mittel schwere Komplikationen hinzukommen, die eine hohe Sterblichkeitsrate unter den Mädchen und Frauen infolge des Eingriffs oder im Zusammenhang mit einer Geburt zur Folge haben. Der Trend zur Beschneidung und auch zu den schwereren Formen davon scheint sich trotzdem vor allem da zu verstärken, wo man sie zusammen mit anderen Praktiken als Maßnahme gegen die „westliche Sexwelle“ sieht.

In einer Presseinformation des Zentralrats der Muslime wird ebenfalls betont, daß die Beschneidung der Frau im Qur’an nicht erwähnt wird und die Orientierung an der Praxis des Propheten, der seine vier Töchter nicht beschneiden ließ, im Laufe der islamischen Geschichte praktisch zur Abschaffung dieser vorislamischen Sitte in den meisten islamischen Ländern führte.

Quelle: http://www.huda.de/projekte/genitalverstuemmelung/index.html

Islamischer Ehevertrag

Aus Unkenntnis der Rechtslage versäumen es viele Frauen bei der Eheschließung mit einem Muslim sich manche Rechte per Ehevertrag zu sichern. Um Hilfestellung zu leisten bieten wir in Zusammenarbeit mit dem Institut für Islamstudien bieten wir das Muster eines „Ehevertrages“ an. Dieser kann per Email kostenlos angefordert werden.

Hier kann ein islamischer Ehevertrag bestellt werden

Qelle: http://www.huda.de/projekte/index.html