Ehen von Muslimen in Deutschland – Probleme, Hintergründe und Lösungsansätze
von Dr. Ibrahim Rüschoff
Und es gehört zu seinen Zeichen, dass Er für euch Gefährten geschaffen hat aus euch selbst, damit ihr Ruhe und Geborgenheit in ihnen findet, und er hat Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Wahrlich, darin sind Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (Qur’an 30:21)
Dieses Zitat aus dem Qur’an kennen die meisten Muslime, und es gibt wohl niemanden, der dem nicht zustimmen würde. Der Verwirklichung dieser Prinzipien jedoch scheinen sich in der Praxis einige Hindernisse entgegenzustellen. Was ist zu tun, wenn die Ehe kein Gottesdienst mehr ist, wie ein Hadith sagt.
In vielen Artikeln und Vorträgen wird über sie geschrieben und gesprochen – die islamische Ehe. Doch existiert sie in der Praxis überhaupt? Wenn wir unsere Alltagswirklichkeit anschauen, dann sind die Muslime von Marokko bis Bangladesch so unterschiedlich geprägt und die Kombinationen der verschiedenen Partner in Deutschland so vielfältig, dass wir besser von Ehen zwischen Muslimen sprechen sollten, für die der Islam Grundlage ihres Lebens ist. Daher klammern wir an dieser Stelle auch die Frage religionsverschiedener Ehen aus, so dass der folgende Artikel die gesamte Vielfalt der Situationen sicherlich nicht vollständig erfassen kann. Hinzu kommt, dass die Probleme zumeist sehr individuell geprägt sind. Dennoch möchten wir einige wichtige Grundmuster darstellen, wie sie oft in Ehen von Muslimen (und Nichtmuslimen) zu finden sind, die in Deutschland leben. Anschließend wollen wir unterschiedliche Möglichkeiten der Hilfe besprechen, die sich bei Partnerschaftsproblemen für Muslime ergeben.
Beispiele typischer Konfliktbedingungen
Betrachtet man die in den Leserbriefen der letzten Ausgaben von „Al Islam“ geschilderten Situationen, dann scheint die kulturelle Prägung der Partner oft stärker als die gemeinsame Religion. Wenn man bedenkt, dass in der Kindheitsfamilie lebensbestimmende Erfahrungen gemacht werden, dass das Kind hier am Vorbild von Mutter und Vater lernt, dann ist zu erwarten, dass auch die Ehe der Eltern die eigenen Vorstellungen prägt. Sind nun Muslime aus unterschiedlichen Herkunftskulturen verheiratet, so entstehen auch Erwartungen an die Rolle des Partners, die diesem fremd sind und die er nicht ohne weiteres erfüllen kann. Wenn jemand seine Mutter als stille, angepasste, gehorsame, sich selbst immer hintanstellende Frau kennen gelernt hat, wird er mit einer Frau, die ihre Positionen offensiv vertritt, eher Schwierigkeiten in Auseinandersetzungen haben, zumal, wenn sie durch die gemeinsamen Kinder für den Ehemann auch in ihrer Mutterrolle erlebbar (und vergleichbar) wird. Dazu kommen kulturell überformte Mentalitätsunterschiede. Isländer oder Schotten sind nun einmal anders als Kenianer, auch wenn beide Muslime sind. Wie streng man Kinder erzieht, was gekocht und wie pünktlich gegessen wird, ob ich Bescheid gebe, wenn ich mich verspäte, wie viel Ordnung Zuhause herrschen soll oder wie mit dem Geld gewirtschaftet wird: all das sind Alltagsprobleme genug, selbst wenn beide Partner bemüht sind, sich an Koran und Sunnah zu orientieren. Wie viel schwieriger ist die Situation erst, wenn in der Ehe alte, unislamische Gewohnheiten einreißen, zumeist zu Lasten der Frau, die mit den Kindern ohnehin mehr an das Haus gebunden und so schnell sozial isoliert ist. „Islamische“ Begründungen sind schnell bei der Hand, denn natürlich ist es stets zum Wohl der Frau (?), die beschützt werden muss, wenn sie das Haus nicht verlassen darf.
Ein weiteres Problem ist die Idealisierung der Liebe und der Ehe. Der Liebe wird eine Kraft zugeschrieben, die sämtliche Differenzen und Probleme überwinden zu können glaubt. Die Hoffnung, wenn ich ihn nur richtig liebe, dann wird er sich ändern , wird zumeist bitterböse enttäuscht, wie uns aus der therapeutischen Praxis zu Genüge bekannt ist. Ähnlich wie früher in Europa werden viele Ehen im islamischen Orient mit einer guten Portion Vernunft geschlossen, was deren Stabilität sicherlich zuträglich ist. Das bedeutet aber auch ein Mehr an emotionaler Unabhängigkeit, über die ein Partner, der gefühlsmäßig stark gebunden ist und in dieser Beziehung sein einziges Standbein hat, so nicht verfügt und dadurch sehr verletzbar wird.
Beziehungsprobleme bestehen auch in Ehen, in denen beide Partner dieselbe Nationalität haben . Hier spielen kulturelle Unterschiede offensichtlich nur eine geringe Rolle. Bedeutsam sind eher veränderte Rollen der Partner, das Hinterfragen der heimatlichen Traditionen, die zunehmende Bildung der Frau und – es mag paradox erscheinen – deren zunehmendes islamische Bewusstsein. Während früher häufig der Ehemann der Gebildetere war, was seine Autorität unterstrich, liegen die Verhältnisse heute oft anders. Hinzu kommt die Tatsache, dass viele junge Männer erst als Erwachsene im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland kommen, während die Mädchen hier geboren oder aufgewachsen sind. So ist es nur natürlich, dass die Ehefrauen sich im hiesigen Gesellschaftssystem besser auskennen, die Sprache beherrschen und das Bildungssystem besser durchschauen, was für die Kindererziehung bedeutsam ist. Ernste Probleme können dann entstehen, wenn der Mann einen autoritären Machtanspruch stellt und die Frau ihren Wissensvorsprung nutzt, um diesem entgegenzuwirken. Sie will und kann ihm wegen seines defizitären Wissensstandes nicht den von ihm gewünschten Respekt entgegen bringen, was bei vielen Männern besonders vor dem Hintergrund weiterer migrationspezifischer Probleme wie Arbeitslosigkeit und finanzieller und sozialer Abhängigkeit von der Frau erhebliche Minderwertigkeitskomplexe auslösen kann, die oft in heftige Aggressionen münden und die Ehe ernsthaft belasten.
Selbst wenn man den Werteverfall besonders im Hinblick auf die Begegnung und das Verhältnis der Geschlechter in Europa und Amerika berücksichtigt, hat die Vorstellung, die man sich in islamischen Ländern von der Moral im Westen macht, mit der Realität wenig gemein. Das führt häufig zu einer übertriebenen Eifersucht des Mannes, der davon ausgeht, dass eine im Westen erzogene Frau nicht den heimatlichen Normen und Moralvorstellungen entspricht und er sie daher besonders kontrollieren muss, was die Frau als Misstrauen und mangelnde Liebe deutet. Es ist für viele Männer kaum vorstellbar, dass eine Frau in der deutschen Gesellschaft einem Studium oder Beruf nachgehen und sich frei in der Öffentlichkeit bewegen kann und trotzdem ihren islamisch-moralischen Prinzipien treu bleibt.
Probleme können auch dadurch entstehen, dass junge Männer, die hier aufgewachsen sind, eine Frau aus ihrem Heimatland heiraten. Unterschiedlich kulturell geformt, gehen die Erwartungen oft weit auseinander. Der Mann erwartet nicht selten von seiner Frau totalen Gehorsam, keine Einmischung in seine Angelegenheiten, keine Fragen hinsichtlich seiner Freizeitgestaltung, Freunde usw. Wie alle anderen auch träumt die junge Frau dagegen von Liebe, Zweisamkeit und einer glücklichen Ehe, wozu die Anteilnahme am Leben des Mannes sowie gemeinsame Planungen und Freizeit gehören. Junge Ehepaare in solchen Situationen suchen oft mit den unterschiedlichsten somatischen Beschwerden den Arzt auf, wobei deren seelischer Ursprung oft nicht deutlich und daher auch nicht behandelt wird.
Von großer Bedeutung für die Entstehung von Konflikten ist die zunehmende Veränderung der Rollenverteilung . Auch in muslimischen Familien gerät die klassische Verteilung der Aufgaben aus ihrer alten Ordnung. Während hier die Machtstellung des Mannes von allen Beteiligten kaum in Frage gestellt wird, ändert sich die Situation, wenn die Ehefrau ebenfalls arbeitet und somit zum Unterhalt der Familie beiträgt oder gar alleine das Geld verdient, weil der Mann arbeitslos ist oder nicht arbeiten darf. Wer kümmert sich dann um die Kinder und den Haushalt? Kann das Ehepaar diese Situation als Chance begreifen, die Lebens- und Erfahrungswelt des Partners kennen- und verstehen zu lernen (so anstrengend sind die Kinder und das „das bisschen Haushalt ) oder kommt es dadurch zu Missverständnissen und Auseinandersetzungen? Insbesondere traditionell erzogene Männer tun sich in der Regel schwer, häusliche Aufgaben zu übernehmen. Da Geld auch Macht und Autorität bedeutet, führen auch Fragen des Umganges damit immer wieder zu Problemen, obwohl die Situation aus islamischer Perspektive zumeist völlig klar ist. Eine völlig überarbeitete Schwester berichtete in der Beratung, dass sie neben ihrer Ganztagsstelle als Küchenhelferin abends noch einer Arbeit als Putzfrau nachgeht. Das Geld aus ihrer Vollzeitstelle werde direkt auf das Konto ihres Mannes gezahlt. Sie bekomme für ihre persönlichen Bedürfnisse (Kleidung, Kosmetika etc.) nichts davon. Diese Dinge müsse sie aus ihrer Tätigkeit als Putzfrau finanzieren.
Eine andere Schwester erzählte, dass ihr Mann ihr prinzipiell kein Geld zur Verfügung stelle. Wenn sie etwas benötige, gehe er mit und bezahle selbst.
Der Mann mag sich bei solchem Verhalten nichts Böses denken. Wenn er in der Kindheit in seinem Heimatland gelernt hat, dass seine Mutter immer Zuhause blieb und den gesamten Umgang mit dem Geld dem Vater überließ, so erwartet er dies vielleicht auch von seiner Frau. Diese ist verständlicherweise nicht bereit, in dieser Gesellschaft einerseits zwangsläufig Pflichten des Mannes zu übernehmen und sich andererseits fraglos dessen traditionellen Forderungen zu unterwerfen.
Ein weiteres, sehr wichtiges Konfliktfeld ist die mangelnde Sexualaufklärung beider Partner. Bedauerlicherweise ist in vielen Familien Sexualität ein Tabu, obwohl auch dieses Thema grundsätzlich zu einer guten islamischen Erziehung gehört und in ernster und angemessener Weise angesprochen werden muss. Die Partner, die sich bei der Heirat möglicherweise noch kaum kennen, geraten dann völlig unvorbereitet in eine Situation, von der man nur hoffen kann, dass sie beide ihre Erwartungen und Vorstellungen ansprechen, vorsichtig miteinander umgehen und sich ihre Unsicherheiten eingestehen und gemeinsam ihre Sexualität entwickeln können. Wie in Therapien immer wieder deutlich wird, entfalten die Medien in diesem Bereich geradezu fatale Wirkungen: Sie prägen Erwartungs- und Handlungsmuster, die mit den realen Bedürfnissen der Menschen wenig zu tun haben und oftmals große Enttäuschungen bei den Partnern bewirken.
Die Angst der Männer
Es klingt unglaublich, aber Männer scheinen oft eher ein Scheitern der Ehe zuzulassen als vergleichsweise bescheidene Forderungen ihrer Frauen zu erfüllen, selbst wenn sie diese islamisch begründen kann (z.B. sie nicht zu schlagen, bei eigener Arbeitslosigkeit einen Teil der Hausarbeit zu übernehmen und nicht Zuhause zu liegen, dabei auf pünktliche Essenszeiten zu bestehen und noch über das Geld verfügen zu wollen, das die Frau erarbeitet). Das ist um so erstaunlicher, als sie nach einer Trennung noch schlechter dastehen, als wenn sie den Forderungen der Frau nachgegeben hätten.
Bequemlichkeit und schlechter Charakter mögen in Einzelfällen der Grund sein, für eine befriedigende Erklärung des Phänomens reichen sie jedoch nicht aus. Grundlegend scheint eine tiefverwurzelte Angst zu sein, die selten offen zu sehen ist und noch viel seltener zugegeben wird, weil sie das Image des „starken Mannes“ beschädigen könnte. Wir wollen dies am Beispiel patriarchaler, südländischer (nicht nur islamischer!) Familienstrukturen verdeutlichen, das Problem stellt sich aber auch in westlichen Kleinfamilien. Jeder kleine Mann hat eine Mutter, die ihn nicht nur beschützt und versorgt, sondern mit ihrer mütterlichen Macht auch seinen Freiheitsdrang begrenzt, ihm Dinge verbietet und ihn in gewisser Weise auch steuert. – Nun verfügen in patriarchalen Gesellschaften, in denen die Frauen kaum öffentlichen Einfluss haben, diese dennoch über erhebliche Macht, und zwar über ihre Söhne. Dazu müssen sie jedoch Einfluss auf sie behalten. Schwiegertöchter im Haus wissen davon ein Lied zu singen. Der sonst so sichere und selbstbestimmte Ehemann wird über alle gebotene Höflichkeit und Ehrerbietung der Mutter gegenüber hinaus in deren Gegenwart oft wieder zum kleinen Sohn, der sich auch gegen seine innere Überzeugung wortlos deren Wünschen fügt und dadurch gegenüber seiner Frau in schwere Loyalitätskonflikte geraten kann.
Je mehr ein erwachsener Mann nun in kindlichen Beziehungsmustern zu seiner Mutter steckengeblieben ist, desto mehr wird später eine starke, resolute Frau, die ihre Rechte kennt und auch einfordert, neben unbewussten Erinnerungen an die warme, mütterliche Seite auch eine Abwehr der ungeliebten, steuernden mütterlichen Eigenschaften bei ihm erzeugen. Er wird sich immer wieder versichern müssen, dass er unabhängig und der eigentliche Herr im Hause ist. Hier liegt ein Grund dafür, warum manche Männer ihre Frauen so stark glauben kontrollieren zu müssen.
Viele Männer verbleiben lebenslang in einer Doppelrolle von Pascha-Mentalität und gleichzeitigem kindlichen Versorgungsanspruch, ein seit Kinderzeiten bestehender, unlösbarer Rollenkonflikt, den die Mütter aus den o.g. Gründen oft sogar gefördert haben bleibe mein kleiner Prinz, aber werde ein starker Mann.
Schafft es ein Mann, gegen eigene, aus der Kindheit übernommene und verinnerlichte Rollenklischees anzugehen, wird er sich auch noch mit seinen Bekannten und Freunden auseinandersetzen müssen, die ihr eigenes Verhalten in Frage gestellt sehen. So ist die Angst vor Gesichtsverlust im kulturell gleich geprägten Bekannten- und Freundeskreis ein weiterer wichtiger Grund für die Schwierigkeit, das Verhalten zu ändern.
Die Angst der Frauen
Da zu einer Beziehung immer mindestens zwei gehören, müssen wir auch fragen, wie sich die Situation der Frauen in ehelichen Konflikten darstellt und welche Hintergründe dabei eine Rolle spielen. In einigen Fällen scheint die Haltung der (nicht nur muslimischen) Frauen regelrechte masochistische Züge aufzuweisen. Sie ertragen mit endlos scheinender Geduld Erniedrigungen, Entwürdigungen und nicht selten auch massive Prügel. Machen sie etwas falsch? Woher kommen ihre Ängste? Warum geraten zumeist sie und nicht die Männer in die Opferrolle und lassen sich manchmal in unvorstellbarem Maß ausnutzen? Obwohl jeder Fall anders liegt und individuell betrachtet werden muss, wollen wir einige Punkte nennen, die in solchen Situationen oft eine große Bedeutung besitzen. Bei konvertierten Schwestern spielt die starke soziale Abhängigkeit vom Ehemann eine große Rolle. Durch ihren Übertritt zum Islam und ihre Heirat mit einem Ausländer hat sie oft ihre Familie und Freunde verloren. Daher ist ihre Angst groß, ihren Mann als einzigen sozialen Halt auch noch zu verlieren. Außerdem würden sich die Vorbehalte der Familie und der Freunde gegen den Islam und den Ehemann bestätigen. So erträgt sie Situationen, die sie unter anderen Umständen keinesfalls akzeptieren würde. Da diese Schwestern zumeist sehr bemüht sind, gute Muslimas zu sein, sind sie durch den Vorwurf, sich nicht islamisch zu verhalten, sehr verletzbar. Diese Angst wird immer wieder von Männern benutzt, ihre Frauen unter Druck zu setzen. Was „islamisch“ ist, definiert natürlich der Ehemann, dessen Verständnis von Islam allerdings oft mit traditionellen Vorstellungen seiner Herkunftskultur eng verflochten ist.
Einer Frau fällt es überhaupt schwerer, ihre Ehe aufs Spiel zu setzen, da sie zumeist die stärkere Bindung zur Familie hat, die ja ihre Lebenswelt darstellt. Während sie in der Regel für die häuslichen Aufgaben zuständig und durch Geburt, Erziehung und Pflege der Kinder stärker an die Familie gebunden ist, lebt der Mann auch stark außenorientiert. Das Zuhause ist nicht seine gesamte Lebenswelt, sondern nur ein Teil davon. Dazu gehören die Arbeit, Freunde, die Moschee usw. Die starke emotionale Bindung der Frauen an die Familie ist zwar islamisch gewollt und sinnvoll, hemmt sie jedoch auch durch eine tiefverwurzelte Angst, ihr Nest in Gefahr zu bringen, Konflikte und Unstimmigkeiten mit dem Mann früh genug in der notwendigen Klarheit anzusprechen und durchaus auch auf ihren (oft islamisch begründeten) Standpunkt zu bestehen. Manchmal müssen nur die Grenzen geklärt werden. Ich lasse mich nicht schlagen.In meinem Verantwortungsbereich möchte ich meine Entscheidungen selbst treffen . Auch die Männer sind im Nachhinein froh, wenn Konflikte bereinigt werden, bevor sie sich verselbständigen.
Vor allem orientalische Frauen haben oft eine ambivalente Einstellung zur Gewalt . Wo beginnt Gewalt? Wie viel soll sie ertragen? Was wird gesellschaftlich von ihr erwartet? Orientalische Weisheiten wie & Eine Ohrfeige ist ein Liebesbeweis des Mannes , Eine Frau muss durch Prügel gefügig gemacht werden oder auch Trostworte wie Allah belohnt deine Geduld im Jenseits und bestraft den Ehemann hat die junge Frau kulturell verinnerlicht und lässt sie kleinere Gewalttaten hinnehmen, was sie jedoch in einen Teufelskreis bringt, da sie schon zu Beginn keine Grenzen setzt und eine Opferhaltung einnimmt und auf diese Weise Gewalt und Grenzüberschreitungen durch den Mann zulässt und in gewisser Weise auch mit provoziert.
Auch problematische Ehen haben zumeist positive Seiten und Männer, die impulsiv und aggressiv reagieren, können oft auch liebevoll, fürsorglich und zärtlich sein. So neigen manche Frauen dazu, Prügel und andere Gewalt in Kauf zu nehmen, um die guten Seiten des Mannes nicht zu verlieren. Es ist auch entlastend, einen „starken Beschützer“ (?) zu haben, doch um welchen Preis? Die Männer lernen jedoch daraus, dass sie ihre Ausschreitungen immer wiedergutmachen können, wenn sie sich danach nur liebevoll genug verhalten. So hat ihr unangepasstes und unislamisches Verhalten keine negativen Konsequenzen, und es entsteht kein Bedürfnis, daran etwas zu ändern.
Die Angst der Frauen resultiert auch aus der Tatsache, dass ihr oft die Schuld am Scheitern der Ehe gegeben wird. In vielen Familien gilt es immer noch als Schande, wenn die Frau den ersten Schritt zur Trennung macht. Sie ist es zumeist, die die gemeinsame Wohnung verlassen muss, weil sie die Situation nicht mehr ertragen kann und dies der einzige Weg ist, der seelischen und körperlichen Gewalt zu entkommen. Sie , die oft genug die Ehre der Familie alleine tragen muss, ist dann die Böse und muss mit den schwierigen Lebensumständen allein zurecht kommen, was auf Kosten ihrer psychischen Gesundheit und der Erziehung der Kinder geht.
In vielen Fällen ist das Aushalten einer (ausländischen) Frau in einer unerträglichen Situation keine Frage einer komplizierten Psychologie, sondern schlicht Folge ihrer rechtlichen Abhängigkeit . Ließen der Mann oder sie sich scheiden, hätte sie nicht ohne weiteres ein eigenes Aufenthaltsrecht und müsste möglicherweise mit Abschiebung rechnen. Im Heimatland hätte sie dann die Schmach einer Versagerin zu ertragen, abgesehen von der Frage, ob sie einen neuen Mann fände.
Lösungsmöglichkeiten
Die Problemlagen variieren mit dem Einzelfall und sind so vielfältig, dass es schwierig ist, allgemeine Lösungen anzubieten. Dennoch lassen sich einige wichtige Grundsätze aufstellen, die jeder, der sich verheiratet, beachten sollte:
Ein besonderes Kennzeichen des Islam ist sein Realismus. Daher sollten wir sehr realistisch prüfen, wen wir heiraten. Partner aus islamischen (?) Ländern haben auch einen orientalisch geprägten kulturellen Hintergrund, der es ihnen u.U. schwer macht, direkt zum Geist von Koran und Sunnah zu kommen. Europäische Muslime haben zumindest in dieser Hinsicht oft weniger Schwierigkeiten. Daher ist es sinnvoll, eine Zeitlang im Kulturbereich des künftigen Partners zu leben (vielleicht bei der Schwester des Bräutigams oder im Umfeld der Familie) oder oft dorthin zu reisen, den Lebensalltag zu erfahren und die Sprache zu lernen, auch wenn man später in Deutschland leben will. Vieles lässt sich dann später besser verstehen.
Wichtig ist weiterhin der Abschluss eines Ehevertrages. Hier bestehen manchmal Hemmungen, so als sei der Wunsch danach ein Akt des Misstrauens gegen den Partner. Trotz aller islamischer Grundlagen muss sich dieser Vertrag am Heimatrecht des Partners orientieren. Seine eigene rechtliche Situation im Land des Partners zu kennen, ist unbedingt notwendig, auch wenn man dort nicht leben will und nur häufig zu Besuch ist.
Wenn möglich, suche man Kontakt zu Menschen in der gleichen Situation (z.B. Ehepartnern aus demselben Kulturkreis) und profitiere von deren Erfahrungen.
Wohin können sich Muslime mit Partnerproblemen wenden?
In zahlreichen Ahadith wird berichtet, dass Frauen und Männer zum Propheten (Friede mit ihm) kamen um sich bei Fragen und Schwierigkeiten in ihrer Ehe Rat zu holen. Diese Beispiele zeigen, dass wir als Muslime mit ruhigem Gewissen fremde Hilfe bei der Lösung unserer Probleme in Anspruch nehmen können. In manchen Fällen ist es geradezu unsere Pflicht, uns von Fachleuten beraten zu lassen, weil dadurch vielleicht doch noch eine Familie erhalten werden kann.
Im Folgenden möchten wir einige Möglichkeiten der Hilfe und jeweils Stärken und Schwächen benennen. Von grundsätzlicher Bedeutung sind Gespräche zwischen den Ehepartnern über ihre gemeinsame Situation. Wenn ich nicht weiß, was der andere mag oder nicht, was er denkt und fühlt und wie er mein Verhalten erlebt, dann mache ich viel falsch ohne es zu wissen oder gar zu wollen. Auch Schwierigkeiten sollten in Ruhe normal“ außerhalb von Situationen besprochen werden, in denen sie aufzutauchen pflegen. Auch Gespräche mit einer engen Freundin oder engem Freund wirken oft entlastend und verschaffen einen anderen Umgang mit dem Problem.
Es braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden, dass die Familie im Islam eine wichtige Institution ist, die bei Alltagsproblemen zuerst um Hilfe gefragt werden sollte. Wie weit jedoch wirkliche Hilfestellung gegeben werden kann, hängt sehr von der menschlichen und islamischen Qualität der führenden Familienmitglieder ab. Die engen Beziehungen untereinander belasten besonders bei größeren Problemen alle Beteiligten gefühlsmäßig sehr und verstellen einen offenen Blick. Die gut gemeinte Hilfe erschöpft sich häufig in Vorwürfen und Ratschlägen, nach der inneren Motivation der Beteiligten wird wenig bis gar nicht gefragt. Bei schweren Verstößen besteht die Gefahr, dass sie des Rufes der Familie wegen, unter der Decke gehalten oder sogar legitimiert werden.
Die Hilfe eines Gelehrten oder Hocas kann hier eine Alternative sein, da jemand, der außerhalb des Systems Familie steht, für beide Seiten sehr viel offener ist und so auch eher Vertrauen gewinnen kann. Leider verfügt er zumeist nicht über eine spezielle beraterische oder gar therapeutische Ausbildung, so dass alles vom menschlichen Geschick des Einzelnen abhängt, zumal das Problem nicht einfach mit Hinweisen auf Koran und Sunnah zu lösen ist, denn wie es eigentlich sein müsste, wissen die Beteiligten oft selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Hocas sich nur im Umfeld der Moschee aufhalten, wenig Deutsch sprechen und das Lebensumfeld des deutschen Partners nicht kennen. Übersetzungen durch den beteiligten Ehemann sind natürlich äußerst unglückliche Umstände. Auch ist der Hoca/Gelehrte zumeist ein Mann, was vielen Frauen den Zugang erschwert.
Findet man einen muslimischen Therapeuten , der den Islam im Leben auch praktiziert, kann man auf islamische und therapeutische Hilfe hoffen. Bisher sind solche Geschwister allerdings noch rar gesät, doch nimmt ihre Zahl langsam zu. Allerdings sollte man auch hier nicht zuviel erwarten: Kenntnisse von Kultur und Sprache sind oft unumgänglich und leider nur gelegentlich gegeben (z.B. bei türkischen oder arabischen Therapeuten). In diesem Fall sind die Voraussetzungen natürlich optimal.
Viele Beratungsstellen (so die Arbeiterwohlfahrt) haben muttersprachliche Berater eingestellt. So unverzichtbar diese bei nicht ausreichend deutsch sprechenden Ratsuchenden sind, so unterschiedlich ist deren Haltung, wenn es sich bei Ihren Klienten um praktizierende Muslime handelt. Erfahrungsgemäß ist kaum jemand dieser Berater praktizierender Muslim, teilweise findet sich sogar eine aggressive Ablehnung des Islam als Integrationshindernis. Dennoch sollte man bei Sprachproblemen und fehlenden anderen Möglichkeiten unbedingt einen Versuch machen, da es natürlich eine große Zahl guter Berater gibt, die sehr qualifiziert arbeiten.
Für die meisten Ratsuchenden, die professionelle Hilfe benötigen, werden auch in nächster Zukunft die Ehe- und Lebensberatungsstellen in freier Trägerschaft die einzige Möglichkeit sein. Die Beratungsstellen der Kirchen (Caritas und Diakonie) werden häufig von ratsuchenden Frauen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft aufgesucht. Die Berater berichten immer wieder von ihrer Hilflosigkeit, versuchen jedoch ihr Bestes. Sie sind beraterisch meistens sehr qualifiziert, was auch verhindern hilft, dass sie unreflektiert mit ihrer eigenen Religiosität umgehen. Soweit keine besonderen Sprachbarrieren bestehen, sollte man einen Versuch ruhig wagen und auch die Bedenken ansprechen.
Für allgemeine Informationen und Kontakte sind Zusammenschlüsse von Menschen in ähnlichen Problemlagen wie z.B. die IAF e.V. (Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Zentrale in Frankfurt) hilfreich. Diese besitzt zwar keine speziell islamische Ausrichtung, ist jedoch auf dem Gebiet bi-kultureller Ehen sehr kompetent. Hier kann man spezielle juristische und andere wichtige Informationen bekommen (z.B. zum Aufenthalt), außerdem können Mitarbeiter evtl. Anlaufstellen empfehlen.
Kann ein Muslim zu einem nichtmuslimischen Berater/Therapeuten gehen?
Aus unserer Sicht sind nichtmuslimische Berater/Therapeuten für praktizierende Muslime nicht optimal und bleiben bis auf weiteres eine Art Notlösung . Der Islam ist in der Lebenspraxis so verwurzelt und durchdringt diese in einem so großen Maße, dass selbst ein muslimischer Berater immer wieder die Hilfe von Gelehrten und Kollegen benötigt. Nichtmuslime dürften in der Regel schnell überfordert sein.
Trotz dieser Bedenken und Einschränkungen müssen wir als muslimische Therapeuten die Frage mit Ja beantworten. Zwei Gründe sind dafür entscheidend: Ein guter nichtmuslimischer Therapeut kann seine Unkenntnis bzgl. des Islam leichter ausgleichen bzw. sich Hilfe holen als ein schlechter muslimischer Therapeut seine therapeutischen Defizite. Mitfühlen allein ist in unserem Fach nicht ausreichend. Weiterhin zeigt die Erfahrung, dass die Klienten oft selbst wissen, wie fragwürdig bis falsch ihr Verhalten im Licht von Koran und Sunnah ist und wie es aus islamischer Sicht eigentlich richtig wäre. Wie die therapeutische Praxis zeigt, sind die Probleme in Ehen von Muslimen zumeist allgemeiner Natur und kommen auch in nichtislamischen Partnerschaften häufig vor. Sie erfahren durch den Islam jedoch eine spezielle Ausprägung, der im Alltag den Schauplatz darstellt, auf dem sie ausgetragen werden.
Ein guter Therapeut wird die Lebenswelt des Klienten immer als dessen eigene respektieren, auch wenn er sie nicht teilt oder zu Beginn einer Therapie noch nicht kennt. Er wird das Kopftuch oder bestimmte islamische Verhaltensweisen in der Ehe nicht einfach als schädlich oder überflüssig bezeichnen, sondern dem Klienten helfen, dass sein Handeln nicht von unbewussten, sich immer wieder aufdrängenden Motiven wie z.B. Angst oder Wut bestimmt wird, sondern von möglichst freien, eigenen und dadurch vor Gott zu verantwortenden Entscheidungen. Eigenverantwortlichkeit ist das Ziel, letztlich entscheidet immer der Klient.
Vorbeugen ist stets die beste Maßnahme gegen Schwierigkeiten. Wer im Vorfeld überlegt, was er tut, vermeidet viele Probleme und viel Leid. Vertrautheit mit der Lebenswelt des Partners, seiner Herkunftskultur und seiner Sprache sowie ein vernünftiger Ehevertrag schaffen gute Voraussetzungen für ein Gelingen der Ehe.
Treten Probleme auf, müssen sich Lösungen am Islam orientieren. Es kann kein allgemeines Ziel sein, Ehen dadurch zu retten , dass ein Partner (zumeist die Frau) auf jegliche Verwirklichung ihrer eigenen Lebensziele verzichtet und sich in allem am Mann und dessen Bedürfnissen orientiert. Frauen müssen (mit Unterstützung aller) ihre vom Islam gewährten Rechte wahrnehmen , auch wenn erheblicher Gegendruck seitens mancher Männer zu befürchten ist. Wie viel jede dabei zu tragen vermag, muss im persönlichen, vertrauensvollen Gespräch geklärt werden. Schon die Möglichkeit, ein Problem zu besprechen, schafft bereits ein wenig innere Distanz und kann helfen, zu einer anderen Betrachtungsweise der Situation zu gelangen. Erst Frauen mit einer stabilen islamischen Identität können darauf verzichten, ihre Söhne (und damit die späteren Männer) abhängig zu halten und positive, glaubwürdige Identifikationen für ihre Töchter bieten. Und Söhne können lernen, dass von starken Frauen nicht zwangsläufig eine Gefahr ausgeht.
Wenn man den Alltag betrachtet, sind die benachteiligten zumeist die Frauen. Doch nicht nur sie, sondern auch die Männer benötigen Hilfe zur Bewältigung ihrer Situation. Leider nehmen sie diese aus vielerlei Gründen seltener an. Der Verzicht auf stereotype, einseitige Schuldzuweisungen durch die Frauen und das ermutigende islamische Beispiel anderer Männer machen es ihnen vielleicht leichter. Männer sind nicht allesamt immer nur Bösewichter und Frauen nicht allesamt immer nur Opfer.
Den Risiken einer bi-kulturellen Ehe haben wir als Muslime eine beiden Partnern gemeinsame Orientierung entgegenzusetzen, den Islam. Er ist für Männer und Frauen Richtschnur und macht beiden Partnern deren Rechte und Pflichten, also Möglichkeiten und Grenzen ihres Verhaltens, deutlich, was ein wichtiges und wirksames Mittel gegen Machtmissbrauch darstellt. Es muss aber auch deutlich gesagt sein, dass gerade für deutschstämmige Muslime bikulturelle Ehen eine große Bereicherung des islamischen Lebens darstellen und die Partner viel voneinander lernen können (nicht nur Arabisch, Koran und Sunnah).
Wir haben mit großer Hoffnung die Entstehung der Diskussion um dieses wichtige Thema verfolgt. Wie so häufig sieht man zumeist nur das Auffällige, Problematische und Spektakuläre, doch es ist dennoch vorhanden, selbst wenn wir es oft nicht wahrhaben wollen. Fassen wir den Kampf dagegen als Jihad auf. In der Islamischen Arbeitsgemeinschaft für Sozial- und Erziehungsberufe , in der die beiden Autoren mitarbeiten, werden wir uns in der nächsten Zeit verstärkt mit diesem Thema beschäftigen.
Bei allen Problemen, die uns täglich begegnen, sollten wir allerdings die vielen muslimischen Ehen, die gelingen und eine wichtige Basis unserer Umma darstellen, nicht vergessen. Muslime sind sicherlich generell keine schlechteren Eheleute und Eltern als andere Menschen. Was wir benötigen, sind Gottvertrauen (taqwa) und geduldige Beharrlichkeit (sabr). Unsere Religion lehrt uns diese Eigenschaften, damit wir unserer wichtigsten Aufgabe auf dieser Erde ein Stück näher kommen: Gott zu dienen.
Wenn ein Diener Allahs heiratet, dann hat der die Hälfte seines Glaubens vollzogen, und dann soll er Allah in der anderen Hälfte fürchten. (Al Bayhaqi)
von Dr. Ibrahim Rüschoff